Olivia: Ihr Elternhaus steht unter Gendarmerie-Bewachung

Olivia ist wieder zu Hause. In ihrer gewohnten Umgebung. Doch der Streit um das krebskranke Mädchen ist deswegen noch lange nicht beigelegt. Der Chef des St.-Anna-Kinderspitals läßt sich von den Bedenken der von „Krebsheiler“ Hamer beeinflußen Eltern kaum beeindrucken: „Das einzige, was dem Kind hilft, ist – sofortige Chemotherapie und Operation.“ Eine Horrorvision für Olivias Vater: „Wir bringen unsere Tochter sicher nicht ins St.-Anna-Kinderspital!“ Ein zweites Mal wird der Familie die Flucht vor der Schulmedizin wohl nicht gelingen. Vor ihrem Haus sind Gendarmen postiert.

Sonntag, 19 Uhr, in Malaga. Im „Versteck“ von Familie Pilhar klingelt das Telefon. Dr. Hamer hebt ab. Es ist Kinderärztin Marcovich aus Wien.

Sie beginnt neuerliche Verhandlungen über die Heimkehr der kleinen Olivia. Dr. Hamer und die Eltern, Helmut (30) und Erika (32), sind gesprächsbereit. Sie haben Vertrauen zu Marina Marcovich. Hamer fordert von der Kinderärztin einen Vertrag, der den Eltern das Sorgerecht für Olivia sichert. Und einen weiteren, der der Familie garantieren soll, daß in Österreich keine medizinischen Eingriffe an Olivia vorgenommen werden, die die Eltern nicht zulassen.

In der Zwischenzeit schreiben, wie berichtet, die Eltern von Olivia einen Brief an Bundespräsident Klestil. Inhalt in kürzester Fassung:

„Herr Bundespräsident, wir bitten Sie dringendst, schnell Voraussetzungen in Österreich zu schaffen, die es uns und weiteren Eltern, die das Vertrauen in die schulmedizinische Krebstherapie verloren haben, ermöglichen, ihr Kind entsprechend der Neuen Medizin zu therapieren. Dieser Wahnsinn, diese unzumutbare Odyssee eines krebskranken Kindes darf sich nie wieder wiederholen müssen.“

Ein Sprecher aus der Präsidentschaftskanzlei dazu: „Dr. Klestil kann nur vermitteln, keine Gesetze ändern.

Bis ein Uhr nachts telefonieren Hamer und Marcovich noch sechsmal. Dann ein Telegramm an Familie Pilhar. Absender: Dr. Zimper. Darin verspricht der stellvertretende Bezirkshauptmann von Wiener Neustadt (NÖ), sich für Familie Pilhar einzusetzen (siehe Abdruck „Das sicherte Dr. Zimper zu„). Eine weitere Abmachung wird aufgesetzt: daß an Olivia keine medizinischen Eingriffe vorgenommen werden ohne Zustimmung der Eltern. Unterzeichnet von Dr. Marina Marcovich und Konsul Walter Esten.

Diese Zusicherungen beruhigen Erika und Helmut Pilhar. Sie geben ihre Zustimmung zur Rückreise nach Österreich.

Um zirka zwei Uhr startet ein Ambulanz-Jet vom Flughafen Schwechat. „Wir trafen um 4.30 Uhr in der Früh in Malaga ein„, erzählt Captain Helmut Kristofics-Binder (34). Er steuerte den „AirMed„-Jet, mit dem das krebskranke Mädchen von Malaga nach Österreich zurückgebracht wurde. Mit an Bord: Olivias Bruder Alexander (7), Schwesterchen Elisabeth (4), die Eltern und Marina Marcovich.

Der Pilot weiter:

Gegen 5.30 Uhr starteten wir Richtung Österreich. Während des Fluges schliefen die Pilhars sogar friedlich ein. Das sind wirklich ganz, ganz liebe Leute. Wir servierten ein Frühstück. Es herrschte eine lockere Atmosphäre. Die Kinder, auch Olivia, lachten sogar. Olivias Geschwister kamen nach vorne ins Cockpit und sahen sich alles ganz genau an. Das sind wirklich süße Kinder.

Der Pilot versinkt kurz in Gedanken.

„Ich habe den Eindruck, daß die Familie immer . entspannter wurde, je näher wir Österreich kamen. Der ungeheure Psychodruck fiel von den Leuten ab.“

Der AirMed-Jet landete pünktlich um 8.30 Uhr in Schwechat.

Der ärztliche Leiter des St.-Anna-Kinderspitals war übrigens nicht mit nach Malaga geflogen. Prof. Helmut Gadner kam erst in Schwechat gemeinsam mit dem Wr. Neustädter Bezirkshauptmannstellvertreter Dr. Zimper an Bord. Um über die weitere Vorgangsweise zu verhandeln. Die beiden Verträge von Malaga wurden akzeptiert. Alle kamen überein, daß die Familie erst einmal eine Verschnaufpause braucht. Ein weiterer Verhandlungstermin wurde für heute, Dienstag, vereinbart.

Danach fuhren die Pilhars direkt nach Hause ins niederösterreichische Maiersdorf.

Keulenschlag für die Familie: In einem Interview mit dem ORF erklärte Prof. Gadner nach den Verhandlungen im Flugzeug:

„Olivias Bauch ist überraschend groß. Das Mädchen ist sehrkurzatmig, weil der Tumor wahrscheinlich schon auf die, Lunge drückt. Die einzige Chance für das Kind ist jetzt eine sofortige Chemotherapie – und anschließend eine Operation.“

Diese Aussage trifft die Pilhars wie ein Blitz. Halten sie doch ein Schreiben in Händen, das ihnen garantieren soll, daß ihre Tochter vor einer Chemotherapie bewahrt bleibt. Für Helmut Pilhar steht jetzt fest: „Wir geben Olivia sicher nicht ins St.-Anna-Kinderspital.

Hält die Abmachung mit den Ärzten? Überlegungen über eine zweite Flucht vor der Schulmedizin kann Helmut Pilhar sofort wieder vergessen. Wenn er aus dem Fenster schaut, sieht er Gendarmen, die vor dem Haus postiert sind. Auf Anweisung von Bezirkshauptmannstellvertreter Zimper. Helmut Pilhar: „Da habe ich mich erinnert, daß Zimper im Flugzeug gesagt hatte: ,Herr Pilhar, es ist Ihnen eh klar, daß Sie sich nicht frei bewegen dürfen.“ Als ich die Beamten sah, wußte ich, wie er das gemeint hatte.“

Das sicherte Dr. Zimper zu

„Im Falle einer freiwilligen Rückkehr der Familie Pilhar nach Österreich mit Tochter Olivia und Durchführung der erforderlichen Untersuchungen sowie Absprache der Behandlungen wird die BH Wr. Neustadt die notwendigen Schritte für die Rückgabe des Sorgerechts unterstützen. Sowie bei der Staatsanwaltschaft keine Anträge auf Zwangsausübung stellen. Ich wünsche alles Gute.

Für den Bezirkshauptmann – Dr. Zimper.“

„Wir geben Olivia sicher nicht ins Kinderspital!“

Eltern haben Angst, weil St.-Anna-Chef sagt: „Einzige Chance für Olivia ist ChemoTherapie

Für Olivias Vater steht eines fest: „Wir geben unsere Kleine sicher nicht ins St.-Anna-Kinderspital!“ Der Mann hat sich mit seiner Familie im Haus der Schwiegereltern in Maiersdorf (NÖ) buchstäblich verschanzt. Vor der Tür stehen Gendarmen. Damit die Pilhars nicht noch einmal vor der Schulmedizin flüchten.

„täglich ALLES“ traf ihn zum Interview.

Erschöpft, gezeichnet von den Strapazen der letzten zwei Monate, sitzt Helmut Pilhar den Reportern von „täglich ALLES“ gegenüber. „Das war alles ein Horror„, sagt er. „Aber wir hatten keine andere Wahl. Die Behörde hatte uns ja das Sorgerecht für unser Kind entzogen.

Wie wird es weitergehen?

Olivia kommt sicher nicht ins Kinderspital. Ich habe noch immer Angst, daß die Ärzte meine Tochter einer Chemotherapie unterziehen.“

Was soll sonst geschehen?

„Ich will, daß Olivia von Schulmedizinern behandelt wird, die nach der Neuen Medizin vorgehen.“

Das ist doch ein Widerspruch in sich.

„Stimmt nicht. Es gibt genug Ärzte in Österreich, die das können. Nur trauen die sich nicht öffentlich aufzutreten. Es ist an der Zeit, daß diese Leute sich bekennen.“

Morgen, Dienstag, werden sie mit Prof. Gadner vom St.-Anna-Kinderspital zusammentreffen. Was erwarten Sie sich von diesem Gespräch?

„Daß meinem Kind nichts geschieht, was ich nicht zulasse.“

Wie stellen Sie sich nun die Therapie für Ihre Tochter vor?

Olivia braucht jetzt vor allem Ruhe. Und die Nähe ihrer Mutter.“

Aber das Kind sieht doch jämmerlich aus. Sehr schwach, sehr, sehr krank.

„Laut Dr. Hamer sind alle Symptome, die derzeit bei ihr auftreten, Zeichen der Genesung. Olivia hat beste Chancen, wieder völlig gesund zu werden – aber nur ohne Chemotherapie.“

Wegen dieser Vereinbarung kamen die Pilhars zurück

Frau Dr. Marcovich als Beauftragte der österreichischen Regierung gibt die Versicherung ab, daß gegen Olivia Pilhar nichts gegen den Willen der Eltern getan werden wird, insbesondere keine Chemo und kein stationärer Aufenthalt in einem Krankenhaus.

Herr Dr. Stangl, Amtsarzt in Tulln, und Frau Dr. Rozkydal, betreuen das Kind. Die Einbindung der beiden obgenannten erfolgt nach Rücksprache mit Prof. Gadner, der im Sinne der Behörde die therapeutische Verantwortung für Olivia Pilhar trägt.

Sämtliche diagnostischen und therapeutischen Schritte werden von Herrn Prof. Gadner nur im Einvernehmen mit den Eltern durchgeführt, beziehungsweise nach deren Aufklärung.

24.7.95, 5.00 Uhr

Dr. Marcovich
Walter Esten

Hamer: „Verhindert Chemo-Therapie für Olivia – das würde sie nicht überleben!“

Der Ambulanz-Jet hob um 5.30 Uhr in der Früh ab. Mit an Bord: Familie Pilhar. Dr. Geerd Hamer blieb in Malaga zurück – Interview:

Wie ist es eigentlich zu der schnellen Abreise aus Spanien gekommen?

„Ich erkannte, daß Olivia hier nicht gesund werden kann. Hier ist nicht mehr der richtige Ort dafür.“

Warum?

„Es hat hier einen fürchterlichen Vorfall gegeben. Ein deutscher Reporter hat mich gefragt, was ich machen würde, wenn Olivia in zwei Tagen stirbt. Da war Olivia dabei. Ich habe gesehen, daß sie völlig blaß wurde. Sie hat alles verstanden. Gleich danach habe ich sofort mit den Eltern gesprochen. Ich habe gesagt, daß wir irgendeine Möglichkeit finden müssen, um ihre Tochter wieder nach Österreich zu bringen.“

Und wie haben die Eltern reagiert?

„Sie waren einverstanden. Dann haben wir mit Frau Dr. Marcovich gesprochen und die beiden Vereinbarungen abgeschlossen.“

Sehen Sie sich als gescheitert? Der ärztliche Leiter des St.-Anna-Kinderspitals nach der Rückkehr der Pilhars seine Ansicht bekräftigt, daß Olivias einzige Chance in einer sofortigen Chemotherapie besteht.

„Das kann ich nicht glauben. Das Mädchen würde in seinem jetzigen Zustand nicht eine einzige Chemo-Runde überleben. Das wäre Mord.“

Haben Sie keine Angst, so ein Wort in den Mund zu nehmen?

„Die Verantwortung würde ohnehin mir in die Schuhe geschoben. Die Schulmedizin wartet nur darauf, das Kind unter ihre Fittiche zu bringen und zu behandeln. Stirbt das Kind, heißt es.: ,Der Hamer ist schuld. Wir taten, was wir konnten, aber es war zu spät‘. Also sagen Sie mir: Welches Risiko und welche Verantwortung übernimmt die Schulmedizin zum jetzigen Zeitpunkt wirklich?“

Machen Sie es Sich nicht ein bißchen leicht mit solchen Aussagen?

„Keineswegs. Ich bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Wenn mich der österreichische Staat läßt, übernehme ich Olivias Behandlung noch heute.“

Dr. Marcovich, Sie haben es geschafft!

Sie hat es geschafft. Ihre Mission, an deren Erfolg niemand mehr so recht zu denken wagte, sie ist geglückt. Im Interview mit „täglich ALLES“ schildert die bekannte Kinderärztin Marina Marcovich, wie sie das unmöglich Scheinende möglich gemacht hat.

Diese Frau hält was aus – seit Mittwoch abend hat Dr. Marina Marcovich nicht geschlafen. „Die Freude„, sagt sie, „daß die Eltern und das Kind endlich in Österreich sind, ist riesengroß.“

Wie geht’s Olivia jetzt?

„Sie ist sehr krank, daran zweifelt niemand, der dieses Kind sieht.“

Glauben Sie, daß sie noch gerettet werden kann?

„Ich hoffe. Im Sinne aller, denen am Schicksal Olivias gelegen ist.“

Und auf die Frage, wie es ihr gelungen sei, Olivias Eltern letztlich doch noch zur Rückkehr zu bewegen:

„Naja, ich hab‘ eigentlich nichts anderes gemacht, als mit allen möglichst harmonisch geredet – einen anderen Weg hätte es auch nicht gegeben, das war mir klar.“

Und Doktor Hamer?

„Ich glaube, daß auch der Doktor Hamer froh ist, daß sich alles so entwickelt hat.“

Wann hat er – wenn man das so sagen kann – die Familie Pilhar „freigegeben„?

Marina Marcovich: „Viele Gespräche waren nötig. Oft ist es halt so, daß Menschen sich erst an eine Idee, sagen wir, gewöhnen müssen …“

Wie haben Sie argumentiert?

„Ich hab‘ dem Herrn Hamer gesagt, daß sich ein von ihm so bezeichneter Fluchtkonflikt in der Psyche dieses Kindes wohl kaum mit einer Fluchtsituation bewältigen wird lassen. Das hat er schließlich auch eingesehen. Überhaupt möchte ich feststellen: Sowohl mit ihm als auch mit Olivias Eltern hatte ich eine tolle Gesprächsbasis.“

In einem deutschen Fernsehsender wurde Ihnen vorgeworfen daß Sie sich vom Dr. Hamer küssen ließen?

„Das ist mir – ganz ehrlich gesagt – völlig wurscht. Hauptsache, die Familie ist jetzt wieder in Österreich und Hauptsache, es wird alles getan, um Olivia zu retten. Aber wenn wir schon beim Thema sind: Der Herr Konsul, der hat mich auch geküßt. Weil er sich, wie die übrigen Beteiligten, gefreut hat, daß doch noch eine Lösung ohne Zwang gefunden werden konnte.“

Wie wird es jetzt mit Olivia weitergehen?

„Das haben die Experten zu entscheiden – man wird sich überlegen müssen, wie Schulmedizin mit alternativen Methoden fusionierbar ist.“

Ist für Sie, Frau Dr. Marcovich, der „Fall Olivia“ nach. geglückter Mission nun abgeschlossen?

„Emotional gebe ich eine Beziehung nie auf. Ich werde mich auch weiter in dieser Sache bemühen, wenn es jemand wünscht. Und noch eines werde ich ganz sicher: Olivia besuchen.“

SPÖ will Hamers Mietvertrag in Burgau nicht verlängern

Mitten in der kleinen steirischen Gemeinde Burgau hat der umstrittene Mediziner Geerd Hamer sein Beratungszentrum eingerichtet. Dienstag wird die SP-Opposition im Gemeinderat die Auflösung des Mietvertrages mit Hamer beantragen.

Viele von der Schulmedizin aufgegebene Patienten suchen im Beratungszentrum im Schloß Burgau Rat und Hilfe. Seit vielen Jahren zahlt Geerd Hamer der Gemeinde Miete. Eine Bagatellsumme, sagen Kritiker. Heute, Dienstag, will die SP-Opposition den Antrag einbringen, daß Hamers Mietvertrag aufgelöst wird.

Interessanter Nebenaspekt: Die Frau des VP-Bürgermeisters Hermann Wallner war selbst Patientin von Geerd Hamer. Erna Wallner, die an Blutkrebs litt, ließ sich von Schulmedizinern, aber auch von dem umstrittenen Krebsarzt behandeln.

Heute gilt sie als geheilt.

Die „Hamer-Hotline“ läuft heiß

Wer hat wegen dem „Krebsheiler“ schulmedizinische Behandlungen abgebrochen? Ärztekammer zählt 17 konkrete Fälle.

Schon am ersten Tag klingelte ununterbrochen das Telefon. Rund 40 Anrufer meldeten sich allein Montag vormittag bei der „Hamer-Hotline„. Darunter 17 konkrete Fälle von Menschen, die Geerd Hamer behandelt hat.

Gleich vorweg nochmals die Telefonnummer, die die steirische Ärztekammer als „Hamer-Hotline“ eingerichtet hat: 0316/ 804454.

Alle Daten werden strikt vertraulich behandelt. 17 Anrufer aus der Steiermark, Wien, NÖ und OÖ machten konkrete Angaben – es meldeten sich entweder Patienten selbst, deren Angehörige, behandelnde Schulmediziner oder Arbeitskollegen.

Derzeit läuft die Überprüfung der Fakten. Wenn nötig, wird die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt eingeschaltet.

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