Völlig verzweifelt bangt Willhelmine Pilhar, die Großmutter der sechsjährigen Olivia, um das Leben ihres Enkelkindes: „Ich verstehe meinen Sohn nicht!“ Die Eltern haben sich mit dem krebskranken Mädchen in der Schweiz oder Südspanien versteckt und verweigern ihm ärztliche Behandlung. Die Großmutter hat nun auch Angst um die ganze Familie.
Appell der „Krone“-Leser: Laßt Olivia nicht sterben!
Krebskrankes Mädchen wird von den Eltern in der Schweiz versteckt – ohne Behandlung keine Überlebenschance …
„Laßt dieses Kind nicht sterben!“ Dutzende „Krone“-Leser riefen nach der TV-Sendung zum Fall der sechsjährigen, krebskranken Olivia Pilhar am Montag abend erschüttert an. Das Mädchen wird von den Eltern, die von Interpol gesucht werden, in der Ostschweiz oder Südspanien versteckt und hat ohne Behandlung keine Überlebenschance.
Zur Vorgeschichte: Bei dem Kind wurde im Mai dieses Jahres ein sogenannter Wilmstumor an der Niere festgestellt. Eine Krebsform, die sich sehr gut behandeln läßt: Bei Früherkennung und raschem Eingreifen der Ärzte betragen die Heilungsaussichten rund 95 Prozent! Die Behandlung besteht aus Chemotherapie und Operation.
Zuerst wird durch die Gabe bestimmter Medikamente der Tumor zum Schrumpfen gebracht. Dann kann er in einem kurzen Routineeingriff herausgeschält und entfernt werden. Abschließend erfolgt nochmals eine Chemotherapie, die ambulant durchgeführt werden kann.
Weil aber die Eltern des Mädchens, Erika und Helmut Pilhar aus Maiersdorf im Gemeindegebiet Hohe Wand (NÖ), Greuelmärchen über die Chemotherapie gehört hatten (die Haare fallen aus usw.), verließen sie mit dem Kind fluchtartig das St.-Anna-Kinderspital in Wien, wohin der behandelnde Kinderarzt, Prim. Dr. Olaf Jürgenssen aus Wiener Neustadt, die kleine Olivia eingewiesen hatte.
Unglücklicherweise gerieten die Eltern in der Folge an einen Mann, der in Deutschland längst mit Berufsverbot belegt ist, aber nun in Österreich sein Unwesen treibt: der Kölner Ryke Geerd Hamer. Der Deutsche lehnt sowohl Schul- als auch Alternativmedizin weitgehend ab und behauptet, Krebs dadurch heilen zu können, indem er „Konflikte beseitigt“. Wie wenig ernstzunehmen Hamer – der im Schloß Burgau (Steiermark) residiert – ist, zeigt der Umstand, daß er kürzlich in einer RTL-Sendung behauptete: „Ich werde wegen meiner Ansichten von mehreren Geheimdiensten verfolgt … „
Endlich Maßnahmen gegen Kurpfuscher!
Die Gesundheitsministerin Christa Krammer sieht in diesem Fall eindeutig „Kurpfuscherei“ und verlangt mittels einer Änderung des Strafgesetzes härtere Sanktionen dagegen. Erika und Helmut Pilhar ließen sich jedoch von Hamer beraten und tauchten mit der kleinen, todkranken Olivia unter. Mittlerweile hatte Kinderarzt Jürgenssen Anzeige beim Jugendamt erstattet, weil die Eltern die rettende Behandlung für das Kind verweigerten. Dem Elektrotechniker und der Handarbeitslehrerin wurde das Sorgerecht entzogen.
Tumor schon so groß wie ein Ball
Nun setzt ein Wettlauf um das Leben des Kindes ein. Jeder Tag ohne Behandlung mindert die Chancen von Olivia beträchtlich. Laut jüngstem Befund ist der Tumor bereits so groß wie ein Ball, was „Berater“ Hamer‘ jedoch als „gutes Zeichen“ wertet. Dazu Primar Helmut Gadner, Leiter des St.-Anna-Kinderspitales: „Hat der Tumor eine bestimmte Größe erreicht und sind Metastasen in Lunge und Leber, sehen die Überlebenschancen nicht mehr gut aus. Es müßte schon sehr intensiv behandelt werden (massive Chemotherapie, Operation, Bestrahlung)!“
Mittlerweile wird die Familie über Interpol, die von den niederösterreichischen Kriminalbehörden eingeschaltet wurde, gesucht. Die „Krone“ jedenfalls schließt sich dem Appell der verzweifelten Großmutter des Mädchens an: „Geht doch rasch zu Ärzten! Laßt Olivia nicht hilflos sterben!“
Einschaltquoten über alles?
Sind Einschaltquoten wirklich wichtiger als alles andere? Da stellte der ORF in der „help-TV“-Sendung vom 5. Juli einen mit Berufsverbot belegten Scharlatan dem behandelnden Arzt der kleinen Olivia gegenüber. Der Außenseiter durfte seine absurde Philosophie verbreiten und wurde von der Moderatorin und der Grünen Petrovic unterstützt. Alle Sachargumente des Arztes hatten keine echte Chance.
Was droht als Folge?
Krebskranke, die sich vor der medizinischen Behandlung fürchten, werden zu Kurpfuschern pilgern. In Österreich erkranken jährlich rund 30.000 Menschen an Krebs. Viele können heute schon geheilt werden – wenn sie rechtzeitig Hilfe in geeigneter Form erhalten.
Jeder verunsicherte und zu spät behandelte Krebspatient ist ein sicherer Todeskandidat. In Schwerstkranken werden durch unsachliche Medienberichte völlig irreale Hoffnungen erweckt. Die tragischen Folgen können doch nicht weniger zählen als Einschaltquoten!
Verwundert bin ich aber auch über die Hilflosigkeit der Behörden (plus Ärztekammer). Wie kann es nur möglich sein, daß eindeutig entlarvte Scharlatane in Österreich ungebremst Schaden anrichten dürfen?
Dr. med. W. Exel