Strafsache gegen Pilhar Helmut und Erika


Vr 534/95
Aktenzeichen Hs 48/95

Zeugenvernehmung

Gericht: Bezirksgericht Tulln

Tag und Stunde des Beginnes der Vernehmung: am 19.12.1995 um 9.45 Uhr

Strafsache: gg. Pilhar Helmut und Erika
wg. § 92 Abs. 2 StGB
§ 195 Abs. 1 und 2 StGB

Anwesende:

Richter: Mag. Susanne Richter unter Anleitung von Dr. Irene Raming
Schriftführer: VB Trofeit Johanna

Der Zeuge wird ermahnt, auf die an ihn zu richtenden Fragen nach seinem besten Wissen und Gewissen die reine Wahrheit anzugeben, nichts zu verschweigen und seine Aussage so abzulegen, daß er sie erforderlichenfalls eidlich bekräftigen könne.

Er gibt über seine persönlichen Verhältnisse an:

Vor- und Familiennamen: Dr. Willibald Stangl
Geburtsdatum: 28.06.1939
Beruf: Amtsarzt, Obersanitätsrat
Wohnort: 3430 Tulln, Wildgasse Nr. 7

Verhältnis zum Beschuldigten oder zu anderen bei der Untersuchung Beteiligten : –

Mit dem Gegenstand der Vernehmung vertraut gemacht, gebe ich nach WE unbeeidet vernommen an:

Grundsätzlich möchte ich im Fall Olivia Pilhar vorausschicken, daß ich Olivia Pilhar im Zuge ihrer Krebserkrankung niemals behandelt habe.

Es ist richtig, daß mich Herr Ing. Pilhar im Mai 1995 anrief und mir mitteilte, daß seine Tochter an einem Nierenkrebs erkrankt sei. Ich riet ihm zu einer Computertomographie, um die genaue Lokalisation des Tumors und die Art dieser Geschwulst feststellen zu können. Diesem Rat folgte Ing. Pilhar und es wurde eine Computertomographie bei Olivia vorgenommen.

Eine Woche später informierte mich Ing. Pilhar über das Ergebnis der Computertomographie (Wilmstumor) und ich riet ihm in diesem Falle zur Operation. Herrn Pilhar wurde im St.Anna-Kinderspital als Vorbehandlung eine Chemotherapie als Vorbehandlung zur Operation empfohlen, mit der er sich aber nicht einverstanden erklärte. Ich riet ihm dann, noch andere Ärzte zu konsultieren, da er kein Vertrauen in die Behandlungsvorschläge des St.Anna-Kinderspitals hatte. Diesen Rat gab ich ihm Ende Mai und ging Anfang Juni für 2 Wochen auf Urlaub, wobei ich den weiteren Verlauf (die Flucht der Familie Pilhar) nur mehr den Medienberichten entnehmen konnte.

Den nächsten Kontakt hatte ich mit Ing. Pilhar erst wieder Ende Juli dieses Jahres, nach seiner Rückkehr aus Spanien. Er erklärte mir bei diesem Anruf, daß ich nun die weitere Behandlung der Olivia Pilhar nach seinem Wunsch übernehmen solle. Mein Mitwirken bei der weiteren Behandlung passierte einerseits auf dem Wunsch des Dr. Hamer und der Familie Pilhar andererseits.

Es kam nach diesem Anruf zu einer Zusammenkunft mit Frau Or. Markovich, Dr. Zimper, Dr. Rozkydal, Ing. Pilhar und mir, wobei als Lösung die stationäre Aufnahme in einem Spital vorgeschlagen wurde. Ich nahm dann mit Prim. Vanura im Krankenhaus Tulln Kontakt auf und dieser stimmte einer Aufnahme des Kindes Olivia auf seiner Station sofort zu. Kurz nach dem Gespräch mit Prim. Vanura rief ich Herrn Ing. Pilhar an, um ihm mitzuteilen, daß eine Bettenzusage im Krankenhaus Tulln gegeben ist. Olivia kam am nächsten Tag mit beiden Eltern ins Krankenhaus Tulln. Meine Mithilfe im Falle Olivia Pilhar bestand ausschließlich aus den genannten organisatorischen Aktivitäten.

Zum vorliegenden Sachverständigengutachten von Dr. Scheithauer betreffend Olivia Pilhar möchte ich sagen, daß es auch für mich völlig zutreffend ist. Dem Sachverständigengutachten konnte ich entnehmen, daß im Fall Olivia im Mai 1995 bereits eine Operation ohne vorhergehende Chemotherapie angeboten und von der Familie abgelehnt wurde.

Im damaligen Stadium der Erkrankung wäre durch die Operation die Heilungschance auch nach meiner Meinung zu dem im Sachverständigengutachten angeführten Prozentsatz gegeben gewesen.

Ich erachte das Sachverständigengutachten als sehr umfassend und kann mich dem nur vollinhaltlich anschließen.

Zu meinem persönlichen Eindruck hinsichtlich des Vorgehens der Familie Pilhar möchte ich folgendes angeben:

Bei den ersten Kontakten die ich mit Ing. Pilhar hatte, konnte ich eigentlich keinen genauen Eindruck gewinnen, ich gab den oben ausgeführten Ratschlag zur Operation und hörte dann bis Ende Juli nichts mehr. Bei meinem nächsten Gespräch im Juli wirkte die Fam. Pilhar durchaus einsichtig und kooperativ. Es sah so aus, als ob die weitere zugesagte Behandlung problemlos ablaufen könne. Am Tag nach der Einlieferung der Olivia ins Krankenhaus Tulln verweigerte Herr Pilhar plötzlich jegliche diagnostische Untersuchung bzw. auch die geplante Behandlung mit Zytostatika. Unter welchem Einfluss er dies plötzlich machte, kann ich nicht sagen, jedoch vermute ich die Beeinflussung durch verschiedene alternative Gruppen, die skurrile und absurde Ideen vorbrachten, wie das Kind zu heilen sei. Diese Ausführungen hörte ich auch von Herrn Pilhar und bekam sie schließlich auch schriftlich an meine Adresse zugesandt. Jedenfalls vermute ich, daß Familie Pilhar nicht ausschließlich unter dem Einfluss Hamers stand.

Das Kind Olivia Pilhar wurde von mir nicht zu Dr. Hamer verwiesen.

Ich kenne Dr. Hamer persönlich, habe mich mit seinen Arbeiten intensiv auseinandergesetzt, glaube auch daß hinsichtlich der Krankheitsursachen schwere seelische Konfliktsituationen und Schockzustände ausschlaggebend sind und bei der Behandlung der Krankheiten weit mehr als bisher diese Ursachen und die Lösung der möglichen auslösenden Konflikte mit einbezogen werden sollten.

Abschließend möchte ich sagen, daß von Ing. Pilhar die Darstellung des lebensbedrohenden und gefährlichen Zustandes von Seiten der Ärzte und auch von mir nicht angenommen wurde und deshalb eine Kooperation mit Ing. Pilhar unmöglich war. Ich bemühte mich sehr darum und diskutierte stundenlang, um ihn zur Einsicht zu bringen, vergeblich.

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