Dr. Willibald Stangl, Amtsarzt

Bezirkshauptmannschaft
3430 Tulln

Tulln den 8. Feber 1993

Sehr geehrter Herr Dekan!

Aus zahlreichen gegebenen Anlässen möchte ich Ihnen folgenden Sachverhalt mitteilen und Sie um Ihre Hilfe bitten.

Auch wir Amtsärzte werden bei der Untersuchung von Personen immer wieder mit Diagnosen und Behandlungsmethoden konfrontiert, die wir weder vom Medizinstudium her noch von der Ausbildung zum amtsärztlichen Dienst kennen (Alternativmedizin in jeglicher Variation).

In den vergangenen Jahren kam uns immer häufiger eine Behandlungsart unter, von der weder ich noch meine Kollegen des amtsärztlichen Dienstes jemals etwas gehört hatten, nämlich die sogenannte „EISERNE REGEL DES KREBSES“ nach Herrn Dr. Ryke Geerd Hamer. Vielfach verlangen nun von uns untersuchte Personen, daß wir bei der Abgabe von amtsärztlichen Gutachten Erkenntnisse dieser „Neuen Medizin“ berücksichtigen müßten! Wir alle und auch ich weigerten uns solches zu tun und dies endete damit, daß ich vom Anwalt eines Führerscheinwerbers vor Gericht zitiert wurde mit der Begründung, mein Gutachten sei unvollständig und daher falsch.

Nach einem stundenlangen Prozeß wurde ich schließlich freigesprochen.

Da weder ich und ebensowenig meine Kollegen in aller Zukunft das geringste Interesse an derlei Konfrontationen haben, erhielt ich als Obmann der Wissenschaftlichen Gesellschaft der Amtsärzte Niederösterreichs den Auftrag, diesen Erkenntnissen nachzugehen und ich studierte die vorhandene Literatur. Schließlich setzte ich mich tagelang als Beobachter in das Zentrum für Neue Medizin in Burgau/Oststmk. Rund 130 Patienten konnte ich sehen und auch in deren Krankengeschichten Einsicht nehmen. Auch versuchte ich die bei der Anamnese bzw. Exploration erhobenen Leiden in den vorgelegten Computertomogrammen nachzuvollziehen. Bei all meiner kritischen Einstellung gegenüber dieser Neuen Medizin erstaunte mich die exakte Regelmäßigkeit in jedem der Fälle. Noch bemerkenswerter war für mich, daß die Patienten, die mit infauster Prognose dorthin gekommen waren, gesundeten.

Ich selbst untersuchte nun im Rahmen meiner privat-, sowie schul- und amtsärztlichen Tätigkeit etwa 120 Personen, verlangte dazu ein cerebrales Computertomogramm und muß nun zugeben, daß die Sache auch in jedem Fall seine Richtigkeit hatte.

Warum Ich Ihnen dies mitteile? Es kann nicht Aufgabe des amtsärztlichen Dienstes sein, diese Erkenntnisse lege artis zu überprüfen. Sofern sie aber ihre Richtigkeit haben, werden sich für viele Bereiche im öffentlichen Gesundheitswesen komplett konträre medizinische Aspekte ergeben und daraus resultierten tiefgreifende Gesetzesnovellierungen. So z.B. könnte man keinem Epileptiker mehr seine Lenkerberechtigung vorenthalten, die Nachsorge der TBC-Kranken müßte auf eine ganz andere Basis gestellt werden, im Mutterschutzgesetz müßten weitere und wesentliche Passagen zum Schutze des Fetus eingefügt werden. Bei der Beurteilung von Behinderten (Pflegegeldzuerkennung), sowie von Kindern (doppelte Kinderbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz) und krankheitsbedingter frühzeitiger Berentung müßten Korrekturen und neue Maßstäbe angelegt werden, was von volkswirtschaftlich großer Bedeutung wäre, Auch das Bazillenausscheidergesetz könnte nahezu gestrichen und durch verbesserte Hygienevorschriften im lebensmittelverarbeitenden Bereich ersetzt werden, so ließe sich noch weit mehr anführen.

Die Amtsärzte Niederösterreichs, die sich in einer wissenschaftlichen Gesellschaft vereinigt haben, müssen sich zwangsläufig mit diesen Erkenntnissen auseinandersetzen, da einerseits der Druck aus der Bevölkerung immer größer wird und der Gerichtssaal sicher nicht das geeignete Forum für Auseinandersetzungen sein kann, andererseits werden wir auch nicht den Vorwurf mangelnder Flexibilität hinnehmen. Als Vorsitzender unserer Wissenschaftlichen Gesellschaft ersuche ich Sie daher, sehr geehrter Herr Dekan, der Sache von den Universitäten aus nachzugehen und die Eiserne Regel des Krebs und äquivalenter Erkrankungen überprüfen zu lassen.

Ich sehe Ihrer Antwort dankbar entgegen und werde diese auch über den Dachverband der Amtsärzte Österreichs allen Kollegen bundesweit zukommen lassen.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Stangl Willibald, Amtsarzt e.h.

Anmerkung von H. Pilhar

dieses Schreiben hat „eingeschlagen“ bei den Oberschul(d)medizyner! Und dem Amtsarzt massive Probleme eingebracht …

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