Bereits am Morgen hatte Olivia schreckliche Schmerzen. Sie kamen schubweise und trieben ihr Schweißperlen rund um den Lippen hervor. Es war fürchterlich, sie so leiden zu sehen. Vor Angst und Sorge wusste ich weder ein noch aus.
Otto machte mir große Vorwürfe. Seiner Meinung nach war mein Verhalten nicht gottgefällig. Ich brächte keinerlei Opfer, wohingegen er, der nicht Vater von Olivia war, bereits ab dem ersten Tag unserer Bekanntschaft ein Opferfasten begonnen hätte. Ich wäre nicht einmal bereit, mein lasterhaftes Rauchen aufzugeben.
Sein Vorwurf traf mich. Meiner Meinung nach befand ich mich bereits auf dem Wege, Gott zu erkennen, doch räumte ich mir schon ein wenig Geduld ein. Ich konnte nicht so schnell zum praktizierenden Gläubigen werden. Einfach nur Riten zu übernehmen, war mir zu billig. Das Rauchen aufzugeben dagegen, schien mir als Beweis meiner Aufrichtigkeit angebracht zu sein. Auch ich war bereit Opfer zu bringen, daran sollte es nicht scheitern! Für Olivia war ich bereit alles zu tun und zu geben! Sofort packte ich sämtliche Zigarettenpackungen und Feuerzeuge in einen Sack und stopfte ihn in die Mülltonne. In Hinkunft griff ich jedes Mal beim Bedürfnis nach einer Zigarette an mein Kreuz am Halsketterl und schaffte es so, der Versuchung zu widerstehen. Otto und Irene waren beeindruckt, aber auch ich musste mich wundern, wie leicht mir diese Abgewöhnung gefallen war.
Ich rief Dr. Loibner zurück und erzählte ihm Olivias Zustand, der sich nach zwei Tagen nun so verschlimmert hatte. Er empfahl mir ein weiteres homöopathisches Schmerzmittel zu kaufen. Weiters erzählte er von einem Grazer Chirurgen, mit dem er Olivia in Behandlung nehmen wollte. Ich getraute mich aber nicht, Olivia in eine Grazer Klinik zu überstellen. Wäre sie einmal in einer Klinik, so könnte ich die Chemo nicht mehr verhindern.
Auch mit Prof. Pichler setzte ich mich in Verbindung und versuchte meine Vorstellungen eines Ärztekonsortiums zu konkretisieren bzw. auszuhandeln.