München, 8.4.89
Notizen zum Verwaltungsrechtsstreit am 5. April 1989 um 14.30-18.30 im Verwaltungsgericht Sigmaringen (3. Kammer):
Dr. Ryke Geerd Hamer./. Universität Tübingen wegen Vortäuschung falscher Tatsachen
Die Unterzeichnenden waren bei der Verhandlung anwesend und haben folgende Beobachtungen gemacht:
1.) Der Prozeßgegenstand „Vortäuschung falscher Tatsachen“ wurde nicht ein einziges Mal berührt; die Zeugen, Prof. Wilms und Dekan Prof. Voigt von der Uni Tübingen, wurden lediglich über Modalitäten des Habilitationsgutachtens vernommen, z.B. ob Weisungen oder Beeinflussungen von Dritten bei dem Erstellen des Gutachtens vorgekommen seien. Daß eine „Falsifizierung“ expressis verbis ohne jede experimentelle Reproduzierbarkeitsprüfung der von Dr. Hamer entdeckten „Eisernen Regel des Krebs„, wie ja von den Zeugen unter Eid zugegeben, ausgesprochen wurde, bewegte das Gericht nicht zu einer Feststellung über Vortäuschung falscher Tatsachen. Aus dem Urteil geht demnach hervor, daß eine so beschaffene „Falsifizierung“ „rechtens“ sei!! Solange nur keine Weisung erfolgte.
2.) Die ganze Verhandlung betraf somit ein anderes Thema als Prozeßgegenstand, als angegeben und eingeklagt worden war, eine Ordnungswidrigkeit also, die öffentlich-rechtsstaatliches Interesse bedroht. Jede Unwahrheit ist dann nämlich, wenn keine „Weisung“ oder „Beeinflussung“ vorliegt, schon „legitim“.
3.) Bei allen Aussagen, die die Zeugen erbrachten, wurde Herr Dr. Hamer an Kommentierungen, Rückfragen und Einwendungen durch mehrfache strikte Unterbrechung von Seiten des vorsitzenden Richters eingeschränkt bzw. gehindert. Es hieß, er dürfe nur nach „Fakten“ fragen. So hatte er keine Möglichkeit, zu den Darstellungen der Zeugen Korrekturversuche oder Richtigstellungen der an ihn gerichteten Kritiken vorzunehmen. Man hatte fast den Eindruck, er selbst sei der Beklagte.
4.) Nach der Befragung der Zeugen Prof. Wilms und Prof. Voigt kam es zu keiner weiteren Diskussion, Verhandlungen oder sonstiger Auseinandersetzung.
Die Gesprächsrunde schloß ohne ein Wort, das der Befragung hinzugefügt werden konnte, unmittelbar nach Beendigung der Zeugenvernehmung.
Die kurzen Plädoyers von Dr. Hamer und einem Zuhörer aus dem Publikum wurden vom Gericht teilnahmslos vernommen. Der Kläger schien uns um sein Anliegen gebracht, denn es fehlte gänzlich der Teil der Verhandlung, dessentwegen die Befragten überhaupt befragt wurden: wie jene eine Sache sachlich-inhaltlich als unzutreffend deklarieren dürfen, ohne sie je praktisch, empirisch, experimentell geprüft zu haben, bzw. ohne je über eine rein theoretische Betrachtung hinausgekommen zu sein.
5.) Wenn sich aus dieser Verhandlung ergab, daß Habilitationen contra legem entsprechend einem „usus“ der Universität Tübingen (z.B.) ohne experimentelle Sicherung oder Nachprüfung der darin enthaltenen Aussagen begutachtet werden und dann – solchermaßen „beurteilt“ – vonstatten gehen, so ergibt sich bei diesem Wahrheitfindungsversuch mindestens sehr deutlich, daß unter Zustimmung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen offenbar der Stoff, aus dem die Wissenschaft gemacht wird, nichts als Papier ohne praktische Prüfung, sowie, daß jede beliebige Sache ohne Nachprüfung mit dem Siegel der Wissenschaftlichkeit als „falsch“ apostrophiert, etikettiert und ausgewiesen werden dürfe, Rechtsstaat hin oder her.
Die Annahme, die „Eiserne Regel des Krebs“ sei falsch, ist bis dato nur auf der subjektiven Ebene des Glaubens zulässig aus dem Blickwinkel der Universität Tübingen, nicht aber auf jeglicher seriös wissenschaftlicher Ebene, da noch nie ein einziger der Regel widersprechender Fall nachgewiesen wurde.
Warum hier vom Gericht keine Vortäuschung falscher Tatsachen gefunden wird, wissen wir nicht.
Dr. Petra Marialke Kandaouroff
Dr. Christian Helmrich