Olivia klagte während der Reise am Vormittag oftmals wegen Bauchschmerzen.
Wir gaben ihr dagegen entsprechend der Verordnung von Frau Dr. Rostovsky das homöopathische Schmerzmittel Belladonna. Zusätzlich versuchten wir, sie, vor allem aber auch uns selbst, durch Spiele und Betrachtung der vorüberziehenden Landschaft abzulenken. Oft nagten Zweifel, ob wir auch das Richtige für unser Kind taten.
Endlich erreichten wir gegen 10:00 Uhr vormittags Köln. Als wir unser Reisegepäck zu den Taxis schleppten, erinnerte ich mich, dass ich lediglich DM 500,- Scheine bei mir führte und wohl kaum ein Taxichauffeur uns werde wechseln können. Genauso kam es auch. Sicherheitshalber fragte ich den Taxler zuvor, ob er auch rausgeben könne und ich erntete nur ein müdes Lächeln. Einer gab mir sogar zu verstehen, ich solle mein Falschgeld an einem anderen Ort unter die Leute bringen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als Erika und Olivia mitsamt dem Gepäck alleine zu lassen und mich im Bahnhof nach einer Bank umzusehen. Ich fand sogar eine, aber eine 20 m Menschenschlange ließ mich zurückschrecken. Ich bedachte nicht, dass an diesem Tag ein Feiertag war, und so war auch meine Suche nach einem offenen Bankschalter rund um den Kölner Bahnhof vergebens.
Erschöpft von der im Dauerlauf zurückgelegten Runde um den Bahnhof, betrat ich einen Kiosk und kaufte kurzerhand einen Kölner Stadtplan. Als ich mit dem 500-Markschein bezahlte, blickte mich der Verkäufer argwöhnisch an und fragte, ob der Schein auch echt sei.
Jetzt endlich konnte ich einen Taxler dazu gewinnen, uns zu Dr. Hamer zu bringen. Die Zeit war knapp, wir erreichten die angegebene Adresse aber fast pünktlich.
Panik ergriff uns aber, als nach mehrmaligem Läuten niemand öffnete. Wir standen nun in einer fremden Stadt, neunhundert Kilometer von zu Hause entfernt mit unserem krebskranken Kind und wussten nicht weiter. Wieder hetzte ich durch die Straßen. Diesmal um zu einem Telefon zu kommen, damit ich bei Frau Rostovsky rückfragen konnte, ob der Termin mit Dr. Hamer auch noch aufrecht sei. Erreichen konnte ich sie aber nicht.
Schön langsam fing mein Gehirn wieder zu denken an und es war mir möglich, die Situation zu erfassen. Was war schon dabei, wenn wir ein paar Tage in Köln verbringen sollten? Ein Zimmer könnte man ja sicher irgendwo auftreiben und es wäre dann Zeit genug vorhanden, einen zweiten Termin zu vereinbaren.
Als ich aber zu Erika und Olivia zurückkehrte, hatten sich bereits mehrere Leute zu ihnen gesellt und eine Dame erklärte gerade, dass sich Herr Dr. Hamer lediglich um eine Dreiviertelstunde verspäten würde. Uns fiel ein Stein vom Herzen.
Dr. Hamer kam mit seiner Mitarbeiterin, Frau Beck, und einem braunen Boxerhund in einem schwarzen Geländewagen. Wie wir später bemerkten, war der Boxer ein Markenzeichen des Herrn Dr. Hamer. Dieser Arzt konnte nicht nur mit Menschen wunderbar umgehen, er war auch ausgesprochen tierliebend und ein ganz inniges Verhältnis hat er zu seinen Hunden.
Seine Verlagsräume befanden sich im ersten Stock des Hauses und umfassten ein paar größere Zimmer. Manche dieser Räume waren zum Teil mit Kartons, Rollen, Büchern und Diversem chaotisch angeräumt.
Dr. Hamer begrüßte jeden seiner Besucher auf das Freundlichste und zog sich mit dem ersten zurück. Während der Wartezeit kam es zu einem Gespräch mit der Dame, die uns zuvor Dr. Hamers Verspätung mitteilte. Sie erzählte ihren Leidensweg durch die verschiedenen Spitäler. Von allen Ärzten wurde ihr immer nur Hoffnungslosigkeit vermittelt, und jetzt, seit sie Dr. Hamer kannte, hatte sie wieder Zuversicht, dass doch noch alles gut ausgehen würde. Ihre psychische Verfassung habe sich um 100% verbessert. Sie fand heraus, dass sie sich früher wegen Nebensächlichkeiten das Leben schwer gemacht hatte. Nun aber hatte sie ihre Lebensfreude wieder gefunden. Von dieser Dame wurden auch die merkwürdigen Vorgehensweisen der Behörden, Gerichte und Universitäten betreffend der Anerkennung der Neuen Medizin erwähnt.
Im Flur befand sich ein Regal mit vielen Flugblättern über diverse Berichte, Zertifikate und Gerichtsbeschlüsse, alle Dr. Hamer und seine Neue Medizin betreffend. Ich bediente mich mit so ziemlich allem.
Olivia nahm wie eine kleine Prinzessin würdevoll Platz
Wir kamen an die Reihe. Olivia wurde von Dr. Hamer ein Sitzplatz in unserer Mitte angeboten und sie nahm wie eine kleine Prinzessin würdevoll Platz, lächelte Dr. Hamer und uns zu und schielte bald nach dem ebenfalls anwesenden Hund. Dieser war für sie weit mehr von Interesse als das Geschehen rund um sie. Dr. Hamer ließ sie in die Hände klatschen. Bei diesem Klatschtest stellt er dann die Links- oder Rechtshändigkeit des Patienten fest, entsprechend welche Hand ruhte und welche die Klatschbewegung durchführte. Dieser Test ist notwendig, um feststellen zu können, mit welcher Gehirnhälfte der Patient vorwiegend arbeitet.
Dass eine gekreuzte Korrelation zwischen den Gehirnhälften und den Körperseiten beim Menschen bestand, war mir auch von der etablierten Schulmedizin bekannt.
Dr. Hamer sprach ruhig und liebevoll. Zuerst griff er nach den von uns mitgebrachten Kopf-CTs und hängte sie an die Leuchtwand. Mit einer Vergrößerungslupe studierte er die Abbildungen. Kopfnickend bestätigte er den Wilmstumor, meinte aber, dass dieser nicht mehr aktiv sei. Er korrigierte die Bezeichnung Wilmstumor auf Nierenzyste und erklärte, dass die Schulmediziner für eine Zyste in verschiedenen zeitlichen Stadien, verschiedene Namen hätten.
Betreffend diese Nierenzyste bräuchten wir uns nicht mehr zu sorgen, aber – er nahm nochmals seine Vergrößerungslupe zur Hand und betrachtete etwas eindringlicher das CT an der Wand. Im Leberrelais erkannte er ein zweites Geschehen, das sich noch nicht in Lösung befand. Aber auch diesbezüglich bräuchten wir uns keine weiteren Sorgen zu bereiten, wenn wir verschiedene Umstände entsprechend ändern würden.
Das Bemerkenswerte an der Diagnosestellung war, dass er lediglich die Kopf-CTs vor sich hatte. Bei weiterer Betrachtung der Abdomen-(Unterleibs-)CTs fand er beides bestätigt. Ich hatte bereits davon gehört, dass anhand von Mustern in bestimmten Gehirnregionen ganz gezielt auf ein vom Krebs befallenes Organ geschlossen werden kann. Zusätzlich ist das jeweilige Stadium des Krebses durch das Muster erkennbar. Angeblich benötigt man sehr viel Übung, um solche Muster erkennen und interpretieren zu können. Vielen Ärzten ist dies nicht möglich, manche bestreiten überhaupt das Vorhandensein der sog. Hamerschen Herde und tun diese als Artefakte der Computertomographen ab. Allein die Geschichte über die von Dr. Hamer angestrebte und durchgeführte Beweisführung über die Richtigkeit dieser Erscheinungen im Gehirn, spiegelt seine großen Kampf um die Anerkennung der Neuen Medizin wider.
Er begann mit seinen Erklärungen: Die Nierenzyste sei auf einen Wasserkonflikt zurückzuführen, der Leberkrebs auf einen Verhungerungskonflikt.
Ein Wasserkonflikt hätte mit einem isolativen Schockerlebnis in Verbindung mit Flüssigkeit zu tun. Wir überlegten eine Weile und erinnerten uns an einen Vorfall auf einem Schwimmteich, bei dem Olivia, im Arm ihrer Tante Veronika, wegen eines offenen Ventils einer der drei Kammern des Schlauchbootes, in Panik geraten war. Es bestand damals nicht unmittelbar Lebensgefahr, da sich aber auch unser älterer Sohn in diesem Boot befand, war Veronika in diesen Schrecksekunden auf das Höchste erregt und fürchtete wohl um das Leben der Kinder und das ihre. Damals war Olivia eineinhalb Jahre alt und hat wohl nicht so sehr die unmittelbare Lebensgefahr durch Ertrinken, als das panikartige Verhalten ihrer Tante mitbekommen.
Als Dr. Hamer die Röntgenbilder der Niere betrachtete, bemerkte er, dass sie hervorragend Harn ausschied und ging in seinen Vermutungen sogar noch weiter, indem er meinte, dass die rechte Niere anscheinend sogar mehr leistete als die linke. Anhand der Weißflächen am Röntgenbild, die die Harnwege darstellten, konnte man erkennen, dass diese auf der rechten Niere um ein gutes Stück großflächiger waren. Es gäbe auch einen Sinn, denn jeder Krebs sei ein Notprogramm der Natur, das den Organismus nach bewältigter Konfliktlösung, entsprechend dem aufgetretenen Problem, stärkt. Olivia erlitt einen Wasserkonflikt. Während der konfliktaktiven Phase bildete der Krebs an der Niere ein Loch. Nach der Konfliktlösung wurde dieses Loch aufgefüllt und darüber hinaus sogar zusätzliches Gewebe gebildet. Die so genannte Zyste entstand. Zuerst war diese Zyste schweinsblasenartig mit Flüssigkeit gefüllt, und innerhalb einer Dauer von ca. 9 Monaten indurierte sie vollständig, d.h. sie verfestigte sich. Dann hatte dieses neue Gewebe auch die Funktion, zusätzlich zur befallenen Niere, Harn auszuscheiden. Nun ist aber abzuwägen, ob nicht bei einer zu großen Zyste, diese operativ zu entfernen sei, da sie ja auch rein mechanisch stören könnte. Blieb sie apfelsinengroß, könnte sie ohne weiteres im Körper verbleiben. Dadurch, dass Olivia größer werde, werde dazu diese Zyste relativ gesehen kleiner. Eine jetzige Entfernung dieser Zyste samt Niere, wäre absoluter Schwachsinn, meinte Dr. Hamer.
Den Verhungerungskonflikt vermutete Dr. Hamer darin, dass Erika wegen ihres Jobs als Handarbeitslehrerin nun nicht mehr Olivia wie gewohnt bekochen konnte und dies nun von Erikas Mutter übernommen wurde. Die Großmutter konnte allerdings den Ansprüchen der kleinen Olivia in Vielem nicht gerecht werden, so dass Olivia oftmals das Essen verweigerte, bzw. oft regelrecht zum Essen gezwungen werden musste. Jeder, der Kinder hat, kennt die Probleme mit dem Essen der Kleinen. Schwieriger ist es bereits, sich in eine Kinderseele zu versetzen, die die Mutter und ihre gewohnte Küche vermisst. Bezüglich des Essens der Großmutter muss ich anmerken, dass dies auch mir nicht unbedingt mundet. Dieser Konflikt befand sich nach der Meinung des Arztes einstweilen noch nicht in Lösung.
Die vorgeschlagene Therapie auf den Punkt gebracht war, künftig Olivia die entsprechend benötigte Mutterliebe wieder zu geben. Eine Jobaufgabe von Erika war unumgänglich und für uns auch absolut kein Thema.
Dr. Hamer machte uns noch darauf aufmerksam, dass Olivia des Nachts nun öfter starken Nachtschweiß entwickeln werde, was als ein Zeichen von TBC gedeutet werden könne. Auch dieser Vorgang war von der Natur sinnvoll vorbereitet. Unnötiges Krebsgewebe kann durch diese Mirkoben abgebaut werden, bzw. bauen diese Mikroben auch verlorengegangenes Gewebe wieder auf. Genauso wie das Gehirn mit seinen einzelnen organzugehörigen Relais den Zellen der Organe den Wachstumsbefehl geben oder nehmen kann, so ist auch im Gehirn eine Steuerung für die Mikroben vorhanden. Mikroben gibt es noch fast überall auf der Welt und daher auch fast noch in jedem einzelnen Organismus. Normalerweise, wenn keine Störung vorliegt, wird der Körper mit diesen fertig. Liegt nun aber ein Krebs vor, so kann das menschliche Gehirn wahrscheinlich über Botenstoffe diese Mikroben zum eigenen Nutzen steuern. Haben sie ihre Aufgabe erfüllt, werden sie von den Abwehrkräften des Körpers beseitigt.
Laut Dr. Hamer sollte die Nierenzyste nicht mehr weiterwachsen. Zur Sicherheit, vor allem aber um uns selbst zu beruhigen, sollen wir in 3 Monaten das nächste Kontroll-CT erstellen lassen.
Für unser weiteres Verhalten gegenüber den Ärzten im St. Anna-Kinderspital gab uns Dr. Hamer die Empfehlung, seine Habilitationsschrift samt „Celler- Dokumentation“ diesen vorzulegen und den Wunsch zu äußern, Olivia entsprechend der Neuen Medizin therapieren lassen zu wollen. Die Ärzte würden uns dann sicher in Ruhe lassen und wir könnten uns getrost an Herrn Dr. Stangl, Amtsarzt in Tulln, wenden, der große Erfahrung in der Neuen Medizin hätte.
Für die rechtliche Seite konnte er uns einen pensionierten Hofrat aus Graz für weitere Tipps empfehlen. Wir sollten aber zusätzlich eine schriftliche Eingabe bei den Behörden machen, in der wir festhielten, dass wir unser Kind nach der Neuen Medizin therapieren wollten. Um Dr. Hamer für seine aufgewendete Zeit zu entschädigen, wollten wir ihm um die 300 DM überlassen. Dies wurde aber nur unter der Bedingung angenommen, dass wir uns mit weiteren Büchern, Schriften und Tonbandkassetten bedienten.
Wir bedankten uns freundlich und traten mit neuen Aspekten und Perspektiven hinsichtlich Olivias Krankheit die Heimreise an.
Um die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt des Zuges zu nützen, schlenderten wir in der Kölner Innenstadt umher. Direkt vor dem Kölner Dom begeisterte ein Pantomime das Publikum. Er stellte eine römische Statue dar. Er war lediglich mit einem Tuch bekleidet und sein ganzer Körper war in einer marmorähnlichen Farbe bemalt. Seine Bewegungen waren in Zeitlupe. Er selbst stand auf einem Podest und davor befand sich, im selben Farbton wie er selbst, ein Hut. Als das Publikum mehrmals begeistert applaudiert hatte, jedoch keine Anstalten zeigte, auch entsprechend Münzen in den dafür vorbereiteten Hut zu werfen, nahm er eine Haltung ein, mit der er despotisch auf diesen verwies. Nun war das lachende Publikum bereit, ihm für seine Darbietung zu danken.
Als der Zeitpunkt für die Abfahrt des Zuges näher rückte, begaben wir uns auf den Bahnsteig. Olivia und ich beobachteten die vielen Mäuse, die Speisereste zwischen den Schwellen der Schienenstränge sammelten. Wir waren alle furchtbar gut gelaunt. Als der Zug schließlich eintraf, konnte ich im selben Waggon denselben Schaffner dazu überreden, uns wieder ein so schönes Abteil, wie wir es bei unserer Anreise hatten, gegen einen kleinen Aufpreis zur Verfügung zu stellen. Um Geld zu sparen, hatten wir nämlich für die Rückreise lediglich für ein Sechser-Abteil gebucht. Olivia war bereits müde und schlief auch bald ein.
Ich konnte es mir nicht verkneifen, noch bis spät in die Nacht hinein in Dr. Hamers Schriften zu lesen. Dr. Hamers Lebensgeschichte zog mich immer mehr in ihren Bann. Wie kann einem einzelnen Menschen so viel Unrecht geschehen? Wieso lernt die Gesellschaft nicht aus ihrer eigenen Vergangenheit dazu? Dr. Hamers Schicksal erinnert an jenes vieler früherer Mediziner, die revolutionäre Entdeckungen bekannt machen wollten. Dr. Semmelweis erkannte den direkten Zusammenhang zwischen dem mit Kindbettfieber daniederliegenden Müttern und den an ihnen von Ärzten mit nicht gereinigten Händen durchgeführten Untersuchungen. Er hielt die ihm unterstellten Ärzte zu peinlicher Sauberkeit an und konnte dadurch das Kindbettfieber nachweislich eindämmen. Als er aber mit seinen Erkenntnisses weitere Kreise der Ärzteschaft erreichen wollte, verhöhnte man ihn lediglich, ohne seine Hinweise ernstlich zu überprüfen. Eine so gewaltige Erkenntnis gönnte man einem Einzelnen anscheinend nicht. Zu stark war das Ego der Ärzteschaft. Auf der Strecke blieben die Patienten. Es gibt eine Vielzahl solcher Fälle, wahrscheinlich nicht nur in der Medizin. Unserer Meinung nach ist und bleibt Dr. Hamer ein Entdecker. Der Widerstand, der ihm entgegengesetzt wird und absolut nichts mit redlicher Wissenschaft zu tun hat, spricht bereits für sich.
Ich selbst bin Techniker. Meine Firma erwartet von mir, dass ich mich laufend „up to date“ halte. Würde ich dies nicht erfüllen, wäre ich recht schnell meinen Job los. Kann man da nicht von den Ärzten verlangen, dass sie sich ebenfalls ständig auf dem Laufenden halten? In meinem Fall geht es um industrielle Anlagen, aber in der Medizin geht es um Menschleben und dazu noch in beträchtlicher Anzahl. Darf sich ein einzelner Mediziner von seiner Kammer vorschreiben lassen, sich nicht mit den neuesten Erkenntnissen auseinander zu setzen? Hat nicht jeder Mediziner den Hippokratischen Eid geschworen? Ich war zutiefst entsetzt, wie die Gerichte und selbst Dr. Hamers Arztkollegen in der Universität Tübingen die Überprüfung seines Habilitationsverfahrens unterdrückten.