AKH:

Während der Nacht wachte Olivia weinend auf. Sie hatte Bauchschmerzen und schrie regelrecht nach ihrer Mutter. Ihren Oberkörper wippte sie im Bett sitzend vor und zurück und jammerte kläglich. Ich versuchte beruhigend auf sie einzureden und dachte, dass vielleicht auch sie die Magengrippe erwischt hatte, die gestern noch mir ziemlich zugesetzt hatte.

Sie musste erbrechen. Wohlweislich gab es dafür schon vorbereitete und anscheinend speziell für diesen Zweck konzipierte Papierschüsseln im Zimmer, sowie jede Menge Stoffwindeln.

Ich stellte fest, dass ich schon eine gewisse Routine darin besaß, meinem Kind bei seinen Übelkeitsanfällen beizustehen. Jeder Elternteil, der sein Kind während der Chemotherapie begleitet hatte, kennt dies zur Genüge. Nur, wie steht es mit der persönlichen Einstellung zu diesem Geschehen? Vermutlich ist es erträglicher, wenn man annimmt, dass nach der Therapie alles gut werden würde, wenn man glaubt, dieses momentane Leid des Kindes würde sich legen, man müsse dies eben in Kauf nehmen.

Aber mir fehlte dieser Glaube an die „Hoffnung Chemo“. Für meinen Wissensstand gab es keine Begründung, dieses Leiden meines Kindes rechtfertigen zu können. Diese „Therapie“ war lediglich eine Bürde. Eine unnötige Bürde, mit höchstem Risiko für mein Kind!

Was man als Vater oder Mutter hierbei mitleidet, kann man kaum beschreiben.

Aber auch ich hatte Hoffnung, denn ich brauchte nur an den Beginn der Chemotherapie zu denken, wie hoffnungslos damals alle waren. Alle, einschließlich mir, und doch schaffte es Olivia bis an den heutigen Tag. Olivia und auch wir wurden getragen. Es ist schwer zu formulieren, wer hier seine schützenden Hände über uns hielt und noch immer hält, aber dass es so ist, davon bin ich felsenfest überzeugt.

Am Morgen war ihre Übelkeit wieder verflogen. Gegen 9:00 Uhr kam meine Schwägerin Veronika, um mich abzulösen. Mit ihr sollte Olivia nach Maiersdorf fahren und dann abends wieder in das AKH zurückkommen.

Kurze Zeit später kam Hanni mit ihrer Tochter. Ihr frühes Erscheinen war ungewöhnlich und auch ihre Geschichte, die sie mir erzählte. Sie hatte einen Traum in dem sie Olivia auf dem Schoß hielt. Eine alte Frau, die Hanni des Öfteren im Traum erschien, erklärte ihr, dass ich mich vor den gegnerischen Mächten in Acht nehmen müsse. Dies müsse sie mir unbedingt mitteilen. Diese Mächte würden mich für gewisse Zeit, in der ich diesen hilfreich sei, benützen, und mich dann wie eine heiße Kartoffel fallen lassen.

Gespräch mit Frau I., „Freya-Verlag“ in Linz:

Bis vor fünf Jahren führte sie im „orf“-Radio eine esoterische Sendung, bis sie ihren Verlag gründete. Zwei ihrer verlegten Bücher hatte ich bereits und eines davon war ein wirklich schöner und positiver Märchenroman.

Sie gab an, am kommenden Montag mit Herrn Falk in unserer Angelegenheit ein Gespräch zu führen und mich danach zu verständigen. Eventuell könnte sich Herr Falk bereit erklären, Auszüge aus dem Tagebuch vorab zu veröffentlichen.

Geplant war eine erste Auflage mit 10 000 Stück. Einen Vorschuss zu bekommen, hielt ich momentan nicht für wichtig. Wichtiger war es für mich, die Geschichte so wahrheitsgetreu als möglich unter das Volk zu bringen.

Frau I. kam in Begleitung eines etwa 28-jährigen Mannes, der vermutlich mit ihr den Verlag führte. Der Eindruck, den ich von beiden gewinnen konnte, war angenehm gut. Der junge Mann saß irgendwie auf Nadeln. Wahrscheinlich dachte er, für wichtigere Dinge notwendige Zeit zu vergeuden, jedenfalls machte er Andeutungen, im Büro weiter arbeiten zu wollen.


Auf dem Weg zurück hielt ich kurz an einer Raststation, um mich zu stärken und traf „zufällig“ Herrn Schmier von „plera-film“, mit dem ich bereits vor Wochen im AKH wegen unserer Filmgeschichte gesprochen hatte. An solche Zufälle war ich bereits schon fast gewöhnt. Wie gesagt, für mich gab es keine Zufälle mehr, alles hatte seinen Sinn und Zweck.

Er erkannte und grüßte mich und erzählte, dass er sich mit Dr. Martin Zimper besprochen hatte. jene Filmparts zu übernehmen, welche in Österreich gedreht werden sollten. Von dieser Abmachung wusste ich noch gar nichts. Das Gespräch war kurz, aber freundlich.

Telefonat mit Dr. Hamer:

Ich schilderte ihm kurz Olivias Verfassung. Sie aß wiederum eher wenig, war aber fit genug, um mit ihren Geschwistern Schlitten zu fahren. Auch dass sie während der vergangenen Nacht wegen Schmerzen aufwachte und schließlich erbrach, teilte ich ihm mit.

Dr. Hamer machte darauf aufmerksam, dass die kritische Phase mit dem Heilungsprozess nach Absetzen der Chemo eintreten werde. Er vermutete nach wie vor, dass Olivia an einer Leberzirrhose leide und dies von den Ärzten des AKH totgeschwiegen werde. Wahrscheinlich, so meinte er weiter, rechneten sie gar nicht damit, dass Olivia so lange am Leben bleiben konnte, sie nahmen wohl eher an, Olivia stürbe viel früher und die leidige Diskussion um weitere CTs wäre somit hinfällig gewesen.

Er wüsste vielleicht zwei Ärzte, die als Gutachter für ein Gegengutachten zu dem schlechten onkologischen Gutachten, welches uns in unserem Strafprozess sehr belastete, fungieren könnten. Er wird es bis kommenden Montag geprüft haben, ob sie einwilligen.

Seinen Termin für eine Aussage vor der deutschen Staatsanwaltschaft hatte sein Rechtsanwalt auf Mitte Jänner verschoben. In der Zwischenzeit müsse er sämtliche Befunde und CTs von Olivia zur Verfügung gestellt bekommen. Übrigens müssten dies auch die oben erwähnten Gutachter bekommen. Weitere Schritte habe er bereits eingeleitet, könne darüber aber am Telefon nicht sprechen.


Erika war zu Hause und als ich ankam, badete sie gerade die Kinder. An Erika konnte man bereits deutlich ihre Schwangerschaft erkennen.

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