Das größte Problem bei der Krebsbehandlung ist nicht das Aufspüren des Tumors – verfeinerte Diagnosemethoden, zum Beispiel das Erkennen erhöhter Vorkommen des prostatatspezifischen Antigens (PSA) durch ein simples Screening-Verfahren, erlauben es bei vielen Krebsarten, Tumore bereits in sehr frühen Stadien zu erkennen. Es ist auch nicht die Behandlung des Tumors an sich, gegen den mit chirurgischen, aber auch chemotherapeutischen und radiologischen Methoden immer gezielter vorgegangen werden kann. Es ist, um hier mal Tyler Jacks, den Leiter des David H. Koch Instititue for Integrative Cancer Research, zu paraphrasieren, die Fähigkeit der Krebszellen, sich – heimlich und unerkannt – an andere Orte des Körpers zu wandern und dort gänzlich neue Tumore, so genannte Metastasen zu bilden, die Krebs zu einer chronischen im Sinn von nie wirklich heilbaren Krankheit macht. Etwa 90 Prozent aller Krebstoten fallen nicht dem ursprünglichen Tumor, sondern den mörderischen Tochtergeschwüren zum Opfer.

Das Problem ist, dass noch nicht wirklich gelöst ist, auf welche Weise die stationären Krebszellen plötzlich die Eigenschaft bekommen, sich – vergleichbar einem Menschen in einem vollgepackten U-Bahnabteil – durch das Gewebe zu bewegen. Diese Fähigkeit ist eigentlich nur embryonalen Zellen zu eigen. Die bisher am weitesten akzeptierte Hypothese beruht darauf, dass Tumorzellen sich typischer Weise aus Epithelzellen bilden, die im normalen Zustand mit ihren Nachbarzellen „verklebt“ sind. Im Embryo wird dieser zellulare „Kleber“ bei Bedarf deaktiviert; die Zelle nimmt einen mesenchymalen Stammzellen-Zustand ein, der es ihr erlaubt, an ihren genetischen Bestimmungsort zu wandern, wo sie sich dann in Muskel- oder Knochenzellen (beispielsweise) ausdifferenzieren kann. (So jedenfalls habe ich dies bei einer Präsentation vor einigen Wochen verstanden. Falls dies zu vereinfacht oder unvollständig ist, bitte ich alle mitlesenden Biologen um Gnade.) In Tumorzellen kann sich, so die gängige Theorie, diese epitheliale mesenchymale Transition (EMT) wiederholen.

Wie die Überschrift dieses aktuell bei Nature online veröffentlichten Schaubildes schon verrät, ist diese EMT-Hypothese, die seit etwa einem Jahrzehnt verfolgt wird, nun unter Beschuss geraten. Der Pathologieprofessor David Tarin von der University of California in San Diego hat diese Zweifel auf der jüngsten Jahrestagung der American Association for Cancer Research prominent vorgetragen.

Dazu sollte man allerdings erst mal wissen, dass diese Hypothese keineswegs nur ein theoretisches Konstrukt (nach dem Motto „es-kann-ja-gar-nicht-anders-sein“) ist, sondern dass es tatsächlich empirische Belege in Zellkulturen und Mausmodellen gibt, die zeigen, dass sich durch Signalstoffe, die EMT bewirken (diesen biochemischen Vorgang kann ich als Nicht-Biologe nun wirklich nicht mehr glaubhaft beschreiben – hier verweise ich mal auf Wikipedia), in der Tat die Ausbildung von Metastasen fördern lässt. Die amerikanische Biotech-Firma OSI Pharmaceuticals arbeitet bereits an einer therapeutischen Nutzung dieser EMT-Erkenntnisse.

Aber – und hier setzt Tarins Kritik an – niemand hat diesen Vorgang bisher im menschlichen Gewebe nachweise können. Wenn seine Position in dem Nature-Editorial korrekt wiedergegeben ist, dann hätten Millionen von Tumorbiopsien doch wenigstens einmal eine solche Zelle im mobilen Übergangsstadium erwischen müssen. Doch dafür gebe es bisher keinen Beleg. Und das ist sicher ein relevanter Einwand.

Irgendwie erinnert mich das an eine Gerichtsverhandlung, in der es zwar keine Augenzeugen gibt, aber dennoch eine überwältigende Menge von Indizien die Schuld des Angeklagten zu beweisen scheint. Und wie in einem Prozess muss es natürlich denkbar sein, dass diese Indizenbeweise ein Irrtum sind. Aber andererseits sind auch Augenzeugen nie wirklich zuverlässig und die Indizien manchmal schlüssiger und belastbarer als das, was jemand gesehen zu haben glaubt (unser forensischer Experte Cornelius Courts wird dies sicher bestätigen können).

Es wäre gewiss ein tragischer Zeitverlust, wenn ein Jahrzehnt der Krebsforschung einem Phantom nachgestellt hätte, das nicht nur unbeobachtbar, sonder auch nicht real war. Aber andererseits wäre es auch verfrüht, die Forschungen – die ja belegbare Resultate zu haben scheint – einfach deswegen einzustellen, weil sie nicht den letzten Beweis, die „smoking gun“, zu bieten hat, obwohl alle anderen Faktoren ein schlüssiges Bild ergeben. Doch anders als im Gerichtsverfahren, wo Zweifel genügen, um eine urteilsmäßige Zurückhaltung zu gebieten, sollte in der Krebsforschung das Gegenteil gelten. Und darum klaue ich hier – ganz unguttenbergmäßig mit erneutem Quellenverweis auch das Schlusswort aus dem Nature-Editorial, das dem Krebsforscher Isaiah J. Fidler vom M.D. Anderson Cancer Center in Houston, Texas, zufiel: „In cancer, we can’t dismiss anything“ – in der Krebsforschung können wir nichts einfach von der Hand weisen.

Wandernde Mörderzellen

Anmerkung von H.Pilhar

Meist kommt der Patient in einer Heilungsphase zum Arzt (z.B. Blut im Stuhl). Da der Schulmediziner nicht zwischen aktiver Phase und Heilungsphase unterscheidet, für ihn meist beide Phasen als „böse“ gelten, stellt er nun dem ahnungslosen Patienten die Diagnose „Darm-Krebs!“.

Nun hat dieser Patient einen weiteren aktiven Konflikt: „Ich habe Krebs und muß sterben!“ Es startet nun das Sonderprogramm Lungenrundherd und solange er nun davon überzeugt ist, er werde an seinem Krebs sterben, werden diese Lungenrundherde größer und größer.

Der Arzt kündigt ihm an, er müsse sofort operiert werden. Der Patient hat einen weiteren Konflikt: Attacke gegen seinen Bauch mit Bauchfellkrebs.

Bei so einer brutalen Diagnoseeröffnung bricht dem Patient meist seine bisher heile Welt zusammen. Häufig reagiert er auch mit Selbstwerteinbrüchen (Knochen): „Hier habe ich Krebs! An dieser Stelle tauge ich nicht! Bin nur mehr Mensch auf Zeit!“

Der Patient stolpert von einem Konflikt in den nächsten, von einem Sonderprogramm in das nächste. Mit seinen nun vielen Sonderprogrammen in aktiver Phase ißt er nicht mehr, verliert rasch an Gewicht und stirbt an Kachexie.

Die Psyche des armen Patienten kümmert aber diese renommierten Krebs-Spezialisten, Experten und Kapazitäten doch nicht das Geringste. Sie sehen zwar in seine schreckgeweiteten Augen, so wie der Schlächter in die des zu schlachtenden Tieres blickt … Nein, die Psyche hat mit Krebs nichts zu tun …

Woran stirbt der Patient?

an der Panikmache und den damit einhergehenden Folgekonflikten („nie beobachtete Kribbel-Krabbel-Krebszellen“ bzw. „Tochtergeschwüren“)
und an dieser Pseudotherapie mit Giftgas-Abkömmlingen

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