Seine Tochter wäre an der Heilslehre fast gestorben

Olivia war schwer an Krebs erkrankt, ihre Eltern flohen mit ihr vor der Schulmedizin zu dem mit Berufsverbot belegten Heiler Ryke Geerd Hamer. Nur mit Staatsgewalt konnte Olivia gerettet werden, aber ihr Vater vertritt trotzdem Hamers „Germanische Neue Medizin“ – auch auf Veranstaltungen in Mühldorf…

Mit „hanebüchenem Unsinn“ auf Vortragsreise: Helmut Pilhar

Seine Tochter wäre wegen der zweifelhaften Heilslehre fast gestorben, jetzt hält Pilhar über die „Germanische Neue Medizin“ sogar einen Vortrag in Mühldorf (von Andrea Obele)

Vielleicht erinnern Sie sich an die dramatische Geschichte des sechsjährigen Mädchen Olivia, das 1995 schwer an Krebs erkrankt war. Ihre Eltern vertrauten sich dem in Deutschland mit Berufsverbot belegten Mediziner Ryke Geerd Hamer an, der sich seine eigene Theorie der Heilung von Krebs zurechtgelegt hat. Angeblich hat er im Laufe seiner Arbeit mit Kranken herausgefunden, dass viele Krankheiten, darunter auch Krebs, aufgrund von biologischen Konflikten entstehen. Nur durch Lösung dieser Konflikte sei eine Heilung möglich. Konservative Methoden wie Chemotherapie oder Operationen verteufelt Hamer, er denkt, Krebs kann von selbst heilen.

Tochter erst nach Polizeieinsatz in Klinik

Olivia flog mit ihren Eltern nach Spanien zu Hamer, wurde dort nach 72 Tagen durch ein Urteil des Vormundschaftsgerichts mit einem Polizeieinsatz befreit und in die rettende Klinik nach Wien gebracht. „Fünf vor Zwölf“ sei es damals gewesen, so die behandelnden Ärzte. Nach Chemotherapie und einer Operation gilt Olivia seitdem als geheilt.

Der 25-jährige S. hatte 2002 nicht dieses Glück. Seine Mutter, Christa W., macht Hamer für den Tod ihres Sohnes verantwortlich, der sich mit der Diagnose Hodenkrebs der „Germanischen Neuen Medizin“ anvertraut.

Olivias Eltern, ein Ingenieur und eine Handarbeits-Lehrerin, glauben aber fest an die „Germanische Neue Medizin“ von Hamer. Vater Helmut Pilhar hat seinen Beruf an den Nagel gehängt, pilgert durch Deutschland und hält Vorträge und Seminare. In Mühldorf ist sogar eine ganze Aktionswoche geplant.

Sogar Infostand am Mühldörfer Stadtplatz

Am Samstag, 10. September, soll es von 9 bis 16 Uhr einen Informationsstand am Stadtplatz geben. Am Donnerstag, 15. September, ist dann um 19 Uhr der Vortrag von Helmut Pilhar „Krebs – Krankheit der Seele“ geplant. Am Mittwoch, 21. September, soll dann ein eigener Stammtisch gegründet werden.

„Als hanebüchenen Unsinn“ betrachtet Dr. Peter von Rottkay von der neuen Strahlentherapiepraxis in Mühldorf die Theorien von Hamer. „Es gibt halt verbohrte Leute, die nichts dazulernen wollen. Fakt ist, dass heutzutage 50 Prozent der Krebskranken mit wissenschaftlichen Methoden geheilt werden können. Ohne diese Methoden sind die Überlebenschancen minimal. Mittlerweile werden auch die Behandlungsmethoden immer besser.“ Auch der Sprecher des ärztlichen Kreisverbandes in Mühldorf, Dr. Erich Fink, sieht die „konservative“ Krebstherapie als das Nonplusultra und bestätigt, dass die Krebstherapien immer schonender werden.

Wunderheiler erwünscht?

Anton W. (47) aus Polling: „Von dem Fall der kleinen Olivia habe ich zwar nichts gehört, aber von solchen Scharlatanen halte ich grundsätzlich nichts. Ich vertraue auf die Schulmedizin. Vielleicht kann man nichts dagegen machen, dass dieser Kerl in Mühldorf einen Vortrag hält, aber wer an so was glaubt, ist sowieso selbst schuld!“

Heidi K. (61) Pensionistin, aus Mühldorf: „Ich bin generell für alternative Heilmethoden, und würde mich bei einer Krebserkrankung wahrscheinlich für keine Chemotherapie entscheiden. Das muss aber jeder selber wissen. Von dem angesprochenen Fall habe ich schon mal gehört. Der Vortrag des Wunderheilers würde mich schon reizen.“

Julia R. (18) aus Mettenheim: „An die Geschichte von damals kann ich mich zwar nicht mehr erinnern, aber von solchen Wunderheilern und sogenannten Missionaren halte ich grundsätzlich nichts. Allerdings würde ich mir den Vortrag anschauen, weil ich neugierig bin, was dieser Scharlatan so alles macht!“

Gabi R. (35) aus Mühldorf: „Nein, ich erinnere mich nicht an die Geschichte der Olivia. Aber wenn dieser Heiler meint, und sofern er von offizieller Seite (Steuern, Krankenkasse) keine finanzielle Unterstützung erhält, kann er das machen. Ich meine, dass der Spruch Glaube versetzt Berge bei manchen Leuten zutrifft – bei mir aber nicht!“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.