Der ganze Mensch als Katastrophengebiet

Eine Lawine reißt das Haus und Familienmitglieder mit sich, eine Frau wird vergewaltigt, jemand wird in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Plötzlich ist nichts mehr wie es einmal war – die Lebenslinie ist „unterbrochen“. Ganz zu Schweigen von den Folgen jahrelangen Missbrauchs, Folter oder KZ-Vergangenheit. Nicht immer „heilt die Zeit diese Wunden“, bei etwa zehn Prozent der Betroffenen kommt es zur Ausbildung einer behandlungsbedürftigen Posttraumatischen Belastungsstörung.

Einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) liegt ein Trauma zu Grunde, das nach Horst Dilling definiert wird als: „belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes (kurz oder lang anhaltend), das fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“. Dieser Erfahrung steht der Betroffene unvorbereitet und hilflos gegenüber, seine Adaptationsfähigkeit wurde überflutet und damit ausgeschalten. Es stellt immer einen erkennbaren schweren Einbruch ins Leben eines Menschen dar. Dr. Alexander Friedmann, Univ. Klinik für Psychiatrie, Wien, erklärt weiter: „Ein psychischer Schock erschüttert das bestehende Welt- und Selbstbild des Betroffenen. Wir können von einem „deep impact“ sprechen, der nicht nur ein Loch schlägt, sondern auch Wellen verursacht. Der ganze Mensch wird dabei zum Katastrophengebiet“. Die Menschen verlieren das Vertrauen in die Berechenbarkeit der Welt, eine Zukunftsplanung ist ihnen nicht mehr möglich.

Akute Reaktion

Schon während und unmittelbar nach dem Trauma tritt eine akute Belastungsreaktion auf. Eine professionelle Intervention diesem Stadium kann dem Auftreten des Vollbildes des PBTS vorbeugen. Es treten dissoziative Symptome auf wie Gefühllosigkeit, eingeschränkte Wahrnehmung, teilweise Amnesie. Diese Phase dauert mindestens zwei Tage, höchstens vier Wochen an. Nach drei bis vier Tagen nimmt die Intensität der Reaktion ab. Darauf folgt bei manchen Menschen eine mehr oder weiniger symptomlose bzw. –arme Latenzzeit bis es zur Ausprägung des Vollbildes einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit einem sehr charakteristischen Symtombild kommen kann. Dazu gehören etwa die besonders belastenden Flash-Backs, das immer wieder Erdbeben der traumatischen Erlebnisse (siehe Kasten). Viel zu oft bleibt diese Erkrankung unerkannt, also auch unbehandelt, und kann chronifizieren.

Viele unbetreute Betroffene

Epidemiologische Studien ergeben eine Lebenszeitprävalenz für eine PTBS von zwischen 1,5 und 7,8 Prozent. Dr. Brigitte Lueger-Schuster, Institut für Klinische Psychologie, Wien, geht etwa davon aus, dass im niederösterreichischen Hochwassergebiet von 2002 rund 15 % der Bevölkerung betroffen sind, „Wir wissen leider nur wenig über die Häufigkeit von PTBS in Österreich. Aus Altenheimen melden Psychologen aber beispielshaft immer wieder, das hier bei Senioren alte Traumen aus dem 2. Weltkrieg aufbrechen“, so Dr. Lueger-Schuster weiter.

Grundsätzlich wird zwischen von Menschen verursachten Traumata (Missbrauch, Vergewaltigung, Folter, Terror, Geiselnahme usw.) und Katastrophen und Unfalltraumen (Erdbeben, Dammbruch, Arbeitsunfälle, Verkehrsunfälle, berufsbedingte Konfrontationen) unterschieden. Die Wahrscheinlichkeit nach einem Psychotrauma eine PTBS zu entwickeln, liegt bei durchschnittlich 9,2 Prozent, wobei es hier große Unterschiede je nach Art des Traumas gibt. Besonders gefährdet sind Frauen nach einer Vergewaltigung – rund die Hälfte der Opfer reagieren mit einer Belastungsstörung, nach sexuellem Missbrauch liegt die Erkrankungsrate bei 57 %. Nach Verkehrsunfällen beläuft sich die 1-Jahres-Prävalenz auf ca. 10 %. Aber nicht nur direkt von einem Ereignis Betroffene können erkranken, auch Angehörige, Beobachter und Helfer reagieren in manchen Fällen mit einer PTBS.

Furchtstrukturen im Gehirn

Schwere psychische Traumata hinterlassen auch Spuren im Gehirn, die mit Hilfe von PET/MRI-Untersuchungen nachgewiesen werden können. Im limbischen und paralimbischen System kommt es zu verstärkten neuronalen Vernetzungen, die als „Furchtstrukturen“ bezeichnet werden. Ebenfalls nachweisbar ist eine lebenslange Erhöhung des „Corticotropin Releasing Hormons“, was mit einer verstärkten Reagibilität für Angst und Depression in Zusammenhang gebracht wird. Dazu kommen eine Reihe von Komorbiditäten wie Angststörungen, Depressionen, Ess- und Sexualstörungen sowie ein erhöhtes Selbstmordrisiko sowie Substanzmissbrauch. Im Extremfall kommt es zu andauernden Persönlichkeitsveränderungen. Die Betroffenen stehen gleichsam unter Dauerstress, ihr affektives Gedächtnis ist gestört. Körperliche Folgen können Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes oder Schmerzen des Bewegungsapparates sein. Oft verdecken die körperlichen und seelischen Erkrankungen die zu Grunde liegende PTBS. Erst während einer Psychotherapie treten dann die Traumen der Vergangenheit zu Tage.

Medikamente und Psychotherapie

Die Behandlung des PTBS beruht auf zwei Säulen. Einerseits haben sich Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRIs) wie Paroxetin oder Sertralin bewährt. Die empfohlene Startdosis entspricht etwa der bei einer Depression, eine Steigerung auf die doppelte und dreifache Dosis kann in machen Fällen notwendig sein. „In 50 Prozent der Fälle kommt es so innerhalb von sechs Monaten zu einer deutlichen Besserung“, berichtet Univ.-Doz. Dr. Maria Steinbauer, Univ. Klinik für Psychiatrie Graz. Andererseits sind eine professionelle psychotherapeutische Betreuung, die Teilnahme an Entspannungs- und Selbsthilfegruppen sowie ein funktionierendes soziales Netz essenziell bei der Verarbeitung des Traumas. Ziel der Therapie ist es, das Trauma in die eigene Biografie zu integrieren und wieder ein einigermaßen „normales“ Leben führen zu können. Doz. Steinbauer dazu: „Die Aufgabe des Therapeuten ist es auch, dem Patienten zu vermitteln, dass seine psychische und physische Reaktionen normale Reaktionen auf eine abnormale Situation darstellen.“

Risikofaktoren & Protektion

Wer reagiert nun nach einem traumatischen Ereignis eher mit einem Posttraumatischen Belastungssyndrom und welche Rahmenbedingungen wirken protektiv? Dazu Prim. Dr. David Vyssoki, Medizinischer Leiter des psychosozialen Zentrums ESRA, Wien: „Als Schutzfaktoren gelten etwa das soziale Netz einer Großfamilie, stabile private Beziehungen, sicheres Bindungsverhalten usw.“ Risikofaktoren sind hingegen ein niedriger sozioökonomischer Status, große Familien mit wenig Wohnraum, Kriminalität und Dissozialität eines Elternteiles, unsicheres Bindungsverhalten nach dem 12. bis 18. Lebensmonat oder psychische Erkrankung eines Elternteiles. Aber kein Mensch ist wirklich davor gefeit.

Anmerkung von H.Pilhar

so ähnlich erklärt es Dr. Hamer seit 1981, wird aber von seinen „Kollegen“ ausgegrenzt. Unverschämt schmückt man sich hier mit „fremden Federn“!

Man sieht als Medizinlaie, dass die Schul(d)mediziner sehr wohl Bescheid wissen.

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