„Heiler“ Geerd Hamer: Streit um krebskrankes Kind

In der vergangenen Woche sorgte der Fall der sechsjährigen Olivia für Aufregung. Das an Nieren-Krebs erkrankte Mädchen sollte zwangs-therapiert werden, weil die Eltern die Behandlung verweigerten; ein deutscher Arzt mit Berufsverbot hatte Heilung ohne „Chemo“ versprochen.

Von Susanne Mauthner-Weber

Schulmediziner nennt er nur „Schulmedizyniker“. Die Alternativmedizin ist für ihn nichts als „Alternaivmedizin“. Das Immunsystem, Aids oder Krebs alle – Erfindungen der „alten Medizin“: Ryke Geerd Hamer läßt neben seiner „Neuen Medizin“ nichts zu. 1978 dürfte ihm allerdings genau diese Schulmedizin das Leben gerettet haben: Nach einigen Schicksalsschlägen – sein Sohn wurde vom italienischen Prinzen Vittorio Emanuele erschossen, und seine Frau starb an Krebs – erkrankte er selbst an Hodenkrebs und wurde operiert. Hamer selbst sagt heute, daß er damals aufgrund seiner „Neuen Medizin“ gesund geworden sei, die er allerdings erst drei Jahre später entwickelte.

Eine Kombination der unterschiedlichen medizinischen Schulen im Falle der sechsjährigen Olivia wischt er vom Tisch: „Das Mädchen sollte zur Exekution in diese Horrorklinik (St. Anna Kinderspital, Anm.) geführt werden.“ Bei Exekution und Horrorklinik wird seine Stimme schneidend, und dann sofort wieder einschmeichelnd: „Dabei würde es nur einen Tag dauern, meine Thesen zu überprüfen.“ Seine Thesen: Jede Krankheit wird durch ein „Konflikt-Schock-Erlebnis“ hervorgerufen. Seine einzige Therapie: Den Konflikt lösen. Er selbst spricht von unzähligen dankbaren geheilten Patienten.

„Es gibt keine Erfahrungsberichte, keine dokumentierte Krankheitsgeschichte mit Namen“, hält Dr. Helmut Hammer von der steirischen Ärztekammer, der seit Jahren mit dem Fall Hamer beschäftigt ist, dagegen. „Wir haben das Problem, daß er die gesamte heutige Medizin – egal ob Schul- oder Alternativmedizin – ablehnt.“ Dieser „Realitätsverlust“, verbunden mit einer „Persönlichkeitsveränderung“ trug dem Kölner Internisten mit mehr als umfangreicher Ausbildung (Hammer) 1986 ein Berufsverbot in Deutschland ein. Seither macht er den steirischen Behörden – Geerd Hamer unterhält im Bezirk Fürstenfeld ein „Büro“ – Probleme: Als Arzt fällt er nicht unter den Kurpfuscherparagraphen. Einzig wegen Verleumdung eines oststeirischen Chirurgen wurde er 1993 verurteilt.

Dabei sprechen ihm nicht einmal seine schärfsten Gegner Charisma ab. Menschen, vom Schicksal geschlagen und von der Schulmedizin teilweise aufgegeben, klammern sich an ihn wie an einen Strohhalm. Denn er versteht es, selbst Schwerstkranken Hoffnung zu geben.

Bis zuletzt.

Mitunter besser als „klassische Mediziner“. Das Fehlen der psychologischen Betreuung bei schwerkranken Patienten beklagt auch die grüne Klubchefin Madeleine Petrovic und fordert die Überprüfung aller nicht-schulmedizinischen Thesen. Denn: „Es gab auch einen Fall Semmelweis. Heute als Retter der Mütter gefeiert, wurde er seinerzeit verlacht und ging elend in der Irrenanstalt zugrunde.“

PS: Im Fall Pilhar setzt sich Petrovic jetzt dafür ein, daß Olivia wieder unter ärztliche Kontrolle kommt – bei Leuten mit schulmedizinischer Ausbildung, die auch für alternative Methoden offen sind und zu denen die Eltern Vertrauen haben können. Ohne die bisher beteiligten Ärzte.

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