Psychologie – Es gibt nicht nur den Placebo-, sondern auch den Nocebo-Effekt. Ärzte sollten darauf achten

VON INA BRZOSKA

Berlin – Als der 26-jährige Derek Adams von seiner Freundin verlassen wird, will er nur noch eines: sterben. Er nimmt zu dieser Zeit an einer Studie teil, bei der Ärzte ein neues Antidepressivum testen. Alle 26 Kapseln, die gesamte Studienmedikation, schluckt Adams auf einmal. Notärzte sind zunächst sicher, dass er in Lebensgefahr schwebt. Bis einer der Mediziner feststellt: Derek Adams hat Placebo-Kapseln ohne Wirkstoff geschluckt. Als Adams davon erfahrt, verschwinden seine Symptome ganz plötzlich.

Nicht selten leiden Patienten auch körperlich

Dieser Fall des eingebildeten Kranken wurde 2007 in der US-Fachzeitschrift General Hospital Psychiatry beschrieben. Mediziner belegen anhand solcher Schicksale den sogenannten Nocebo-Effekt. Nocebo, was übersetzt so viel heißt wie „ich schade“, steht in der Medizin dafür, dass Glaube allein nicht nur heilen, sondern auch krank machen kann. Im Fall Adams ging es glimpflich aus. Doch nicht selten leiden Patienten auch körperlich unter dem Nocebo-Effekt.

„Worte sind das mächtigste Werkzeug, das Ärzte besitzen. Sie können – wie ein zweischneidiges Schwert -, heilen, aber auch tief verletzen“, schreibt‘ Bemhard Lown in seinem Buch „Die verlorene Kunst des Heilend“. Der Herzspezialist und Friedensnobelpreisträger schildert aus seiner Zeit als Assistenzarzt sogar einen Fall mit tödlichen Folgen.

Die Patientin war Anfang 40, kam regelmäßig zur Kontrolle in die Klinik, seit Jahren litt sie unter Herzbeschwerden. Ein arg gestresster Chefarzt rügte die Assistenzärzte, die ihn zur Visite gebeten hatten – die Nachwuchsmediziner waren sich unsicher bezüglich der Diagnose. „Das ist doch ein typischer Fall von TS“, rügte der Vorgesetzte. TS steht im Mediziner-Jargon für Trikuspidalklappen-Stenose – eine nur selten bedrohliche Verengung einer Herzklappe. Die Patientin, die zugehört hatte, aber folgerte, dass TS nur eines bedeuten könne: Terminale Situation. Die Assistenzärzte versuchten, die Patientin zu beruhigen. Vergebens. Wenige Stunden nach dem Vorfall hatte sich Wasser in ihren Lungen gesammelt. Sie starb an einem Lungenödem – für TS eine völlig untypische körperliche Reaktion. Lowns war einer der anwesenden Assistenzärzte, rückblickend betrachtet, sagt er: Die Frau ist an Hoffnungslosigkeit und negativen Erwartungen gestorben.

Wenn Menschen einen Unfall, eine schwere Diagnose oder Operation verarbeiten müssen, ist die Psyche im Ausnahmezustand. Manche Patienten durchleben in diesen Extremsituationen sogar einen natürlichen Trancezustand. Sie reagieren höchst sensibel auf Doppeldeutigkeiten und negative Formulierungen im Krankenhausalltag. Jedes Wort des Arztes wird sozusagen auf die Goldwaage gelegt.

Auf 30 empirische Studien, die den Nocebo-Effekt nachgewiesen haben, stießen deutsche Ärzte um Winfried Häuser vom Klinikum Saarbrücken. Häuser ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, mit Kollegen hat er eine Metastudie erstellt, die im Juni dieses Jahres in der Zeitschrift Deutsches Ärzteblatt veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler kamen nach Auswertung der Studien zu folgendem Ergebnis: Eine allzu detailreiche Aufklärung über mögliche Komplikationen einer Therapie erhöht die Häufigkeit unerwünschter Nebenwirkungen.

Gibt es ein Recht auf Nichtwissen?

Ärzte befinden sich demnach in einem ethischen Dilemma. Einerseits stehen sie in der Pflicht, den Patienten über Risiken einer Behandlung zu informieren. Andererseits kann allein das Aufklärungsgespräch dazu führen, dass via Nocebo dramatische Krankheitsverläufe eintreten. Was die Frage aufwirft: Sollte der Patient von allzu detailreichen Aufklärungsgesprächen künftig besser verschont werden? Hat er ein Recht auf Nichtwissen?

„Wenn ich einem Patienten sagen würde, dass ihm um noch drei Wochen blieben, dann könnte es sein, dass sein Immunsystem so arg geschwächt wird, dass er noch früher stirbt“, sagt Neurologe Magnus Heier. In seinem Buch „Nocebo – Wer’s glaubt, wird krank“, hat er sich mit negativen Folgen des unbekannten Phänomens auseinandergesetzt. Er kritisiert die oft unüberlegten, angstmachenden Worte von Klinikern wie Krankenschwestern, denn diese enthalten oft zahlreiche negative Suggestionen, die einen Nocebo-Effekt auslösen können.

„Ist Ihnen schlecht?“, ist so eine Frage, auf die manche Patienten plötzlich mit Unwohlsein in der Magengegend reagieren. Ein Unbedachtes: „Diese Stelle sollten Sie im Auge behalten und regelmäßig kontrollieren“ ist vielleicht fürsorglich gemeint, kann aber folgenreich sein.

Vor wenigen Jahren wurde der Fall von Sam Shoeman im amerikanischen New Scientist veröffentlicht. Dem Patienten hatten Ärzte Leberkrebs im Endstadium diagnostiziert. Nur wenige Monate würde Shoeman noch leben, hieß es. Tatsächlich verstarb der Mann binnen weniger Wochen. Die Autopsie belegte dann jedoch eine Fehldiagnose. Sein Tumor war in Wirklichkeit deutlich kleiner als angenommen, hatte auch noch gar nicht gestreut. „Er starb nicht an Krebs, sondern er starb daran, zu glauben, dass er am diagnostizierten Krebs sterben werde“, schlussfolgern Nocebo-Experten heute.

Häuser fordert, dass Krankenhauspersonal sich mehr Zeit für erklärende und einfühlsame Gespräche nehmen müsse. Positiv statt negativ zu formulieren, ist nirgendwo wichtiger als im Krankenhausalltag, so Häuser. Die schlimmsten Phrasen aus der Praxis hat er mit Kollegen zusammengetragen. Es gibt allerlei skurrile Beispiele: Darunter Sätze wie „Jetzt schläfern wir Sie gleich ein“, wenn der Patient eine Narkose bekommt, oder: „Gleich schneiden wir Sie in Scheiben“, wenn eine Untersuchung im CT ansteht. Worte, die eine unangenehme Situation auflockern sollen – die aber missverstanden werden können.

Ebenso wie Beipackzettel, die sind laut Heier „die Pest„. Firmen sind per Gesetz dazu verpflichtet, lückenlos über alle potenziellen Risiken bei der Einnahme von Pillen aufzuklären. Heier aber sagt: „Die Zettel machen schlicht und einfach krank, deswegen gehören sie abgeschafft.“ Schon heute hätten die Hersteller aber das Recht, zusätzlich einen kurzen, verständlichen und sinnvollen Beipackzettel beizulegen.

Kritik an unnötiger Bildgebung

Heier kritisiert, dass viele seiner Kollegen mit unnötigen CT-, Röntgen- und Kernspin-Aufnahmen die Leiden der Patienten chronisch werden lassen. Der Grund ist denkbar simpel: Knöcherne Veränderungen, auch minimale, werden als Ursache der Schmerzen gedeutet – obwohl sie meist gar nichts mit den Schmerzen zu tun haben. Aber das Bild einer beschädigten Wirbelsäule brennt sich ins Gehirn ein. „Damit sind die Schmerzen chronisch und bleiben oft lebenslang“, sagt Heier. Als noch schlimmer schätzt er die Folgen der Gendiagnostik ein, die bald den Gesundheitsmarkt erobern wird. „Für wenig Geld werden wir bald etwa unser Alzheimerrisiko testen – und in Angst leben, weil wir nicht wissen, was wir gegen Alzheimer tun sollen.“

Anmerkung von H.Pilhar

Lungenödem – Linksherz-Myokard-Nekrose, meist Beginn der Heilung oder Krise + Tachykardie (niedriger Blutdruck). Blut wird nicht weitergepumpt und staut in der Lunge. Röchelnde Atmung.

Diagnoseschock – Ursache für Zweit- und Drittkrebse (bisher in der alten Schuldmedizin als „Metastasen“ fehlgedeutet. Mit einem gar nicht existenten Immunsystem hat das nichts zu tun.

Anmerkung eines Lesers

Mein Arbeitskollege, dessen Vater jetzt gerade durch die unheiligen Mühlen der Schulmedizin geht und an einem „Hirntumor“ operiert wurde, brachte mir den Artikel mit. Er weiß von mir schon seit einigen Jahren um die GNM, aber seinen Vater konnte er nicht davon überzeugen, sich nicht operieren zu lassen. Der Druck, den die Mediziner machten, war übergroß!!!

Er berichtete mir wie niederschmetternd die herzlosen Diagnosen für seinen Vater gewesen wären, quasi auf dem Krankenhausgang, zwischen Tür und Angel, wurde der Familie die Diagnose schonungslos übermittelt. Todesangst!!!

Der Vater saß nur noch heulend herum und redete vom Ableben…

Nun hat auch die Mutter schon gesundheitliche Probleme durch all den Mist! Die Mutter hat mittlerweile einen ziemlich Brass auf die Herrn Schulmediziner und hat im hiesigen Klinikum selbigen Artikel ans schwarze Brett geheftet… Nach 2 Stunden war er schon wieder entfernt! Immer wieder hängt sie nun eine Kopie davon ans Brett.

Eine Meinung zu “Donauwörther Zeitung – Worte können heilen und verletzen

  1. Martina Krauße sagt:

    Hallo, kann auch zu einem Beispiel beitragen. Einer Frau wurde beim Abtasten der Brust ein Knoten festgestellt. Ihr wurde angeraten, im Krankenhaus sich zu melden, was sie auch tat. Sie erzählte mir im Anschluss, dass sich mind. 4 Personen auf sie geworfen hätten, um dann letztendlich ihre Brust mit einer Nadel zu punktieren. Sie sagte, 3s war so schlimm für sie, dass sie Todesangt hatte. Nachdem sie ihr die Diagnose mitteilten, angeblich hätten sie nichts, verwertbares gefunden, würden sie ihr aber doch eine Chemotherapie empfehlen, um ganz sicher zu gehen. Ich versuchte ihr davon abzuraten, da sie noch immer, obwohl schon mehrere Jahre behandelt, starke Nebenwirkungen (offener, entzündlicher Mundraum) nach hrer ersten Krebsdiagnose (Darmkrebs) hatte. Da sie auch schon über 80 Jahre alt ist, wurde sie, nachdem sie den Ärzten mitteilte, es doch nicht behandeln zu lassen, sie so mass8v unter Druck gesetzt und ihr Angst eeingejagt , dass sie sich letztendes überreden ließ. Sie bekam dann diese Chemo. Alte Menschen sind meiner Meinung nach Arzt hörig. Das wurde uns so anerzogen.
    Ich bin auch schon über 60, beschäftige mich schon länger mit Alternativmedizin, auch H7ldegard von Bingen… und stieß dann auch auf die germanische Heilkunde, mit der ich mich so langsam, aber sucher beschäftige.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.