Gerätemedizin

von Oliver Ristau

Medizintechnik macht die Menschen gesünder – nach Ansicht von Renate Knüppel ein Irrglauben. Die selbstständige Gesundheitsberaterin aus Hamburg schreibt Briefe an Zeitungen, Minister und Ärzte. Ihr Anliegen: „Eine nur auf Technik ausgerichtete Schulmedizin treibt Schindluder mit der Gesundheit. Da wird hemmungslos operiert und weggeschnitten, hier ein Patient geröntgt und dort ein Ultraschallbild gemacht.“ Eine Erfolgsgarantie biete diese Technikhörigkeit nicht; im Gegenteil: Der massive Einsatz von Technik und Medikamenten verschlechtere oftmals den Zustand der Patienten, empört sich die Gesundheitsaktivistin.

Ihr Unbehagen gegenüber der großtechnischen Medizin ist kein Einzelfall. Eine Studie des Pharmaunternehmens Janssen Cilag aus Neuss hat im April ergeben, dass zwar 60 Prozent der Deutschen genauer über die neuesten Behandlungsmethoden für ihre Krankheit und 42 Prozent konkret über alternative Heilmethoden informiert werden wollen. Gerade einmal 13 Prozent glauben aber, dass die Wissenschaft – auch die Geräteentwicklung – im Sinne der Patienten handele.

Wie schlecht die Beurteilung der herrschenden Schulmedizin samt ihrer Technik und Methoden ist, überrascht nur auf den ersten Blick. Schließlich gibt es offenbar für eine Reihe von Erkrankungen trotz einer deutlichen Zunahme des technischen Niveaus wenig Heilungschancen. Beispiel Krebs: Gegen viele Arten der wuchernden Zellen existiert auch nach Jahrzehnten intensiver Forschung kein Heilmittel.

„Die Schulmedizin besticht durch ihre technische Perfektion. Das macht sie unverzichtbar für die Behandlung von Symptomen“, sagt Rosemarie Berbuer. Die tieferen Gründe einer Erkrankung, so die Ärztin, die seit 25 Jahren in Waldkirch im Breisgau als Allgemeinmedizinerin tätig ist, ließen sich mit dem Einsatz von Medizintechnik allein aber nicht erkennen.

Werde etwa bei einem älteren Menschen Diabetes diagnostiziert, sei die Reaktion häufig: Das komme im Alter nun einmal öfter vor, und dem Patienten winke eine klassische Behandlung mit Insulinspritzen und täglicher Blutzuckeranalyse. Mögliche Auslöser der Stoffwechselstörung aus dem konkreten Leben des Patienten würden nicht verfolgt. Mit dieser eingeschränkten Sicht ließe sich den Krankheiten nicht beikommen. Um die Heilungschancen zu erhöhen, sei ein ganzheitliches, wissenschaftliches Konzept notwendig, so Berbuer. Und das komme zunächst einmal ohne besondere Technik aus. Obwohl promovierte Schulmedizinerin, wendet Berbuer Methoden der „Neuen Medizin“ an. Hierbei werden Gehirn, Psyche und Organe als untrennbare Einheit gesehen. Ursache für die Krankheit sei, so die Ärztin, eine konkrete oder als solche wahrgenommene Konfliktsituation aus der Vergangenheit. Und die Krankheit eines Organs hinterlasse ein Abbild im Gehirn, das auch mit einer Computertomografie nachzuweisen! sei. Insofern helfe eine Behandlung des kranken Organs – auch mithilfe neuester Technik – nicht dauerhaft, wenn die Ursachen nicht beachtet würden.

https://www.zeit.de/2002/38/200238_z-medizin-kasten.xml

Anmerkung von H. Pilhar

genau hier liegt ja der Interessenskonflikt zwischen Patient, der gesund werden möchte und dem gewinnorientierten Medizinbetrieb, der Umsatz machen möchte bzw. die medizinische Kontrolle über die Bevölkerung erhalten und behalten möchte.

Die Krankheitsursachen interessiert den Patienten, aber nicht die Schul(d)medizin.

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