RECHTSANWÄLTE
An das
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien
Museumstraße 12
1010 Wien
9.4.1996
Antragsteller:
Ing. Helmut Pilhar, Computertechniker
Maiersdorf 221, 2724 Hohe Wand
Vertreten durch:
Rechtsanwalt
Vollmacht erteilt
Antragsgegnerin:
KRONE-Verlag GmbH & CO KG
Muthgasse 2, 1190 Wien
Wegen:
Unterlassung (Streitwert S 240.000,00)
Widerruf und Veröffentlichung (Streitwert S 50.000,00)
Schadenersatz S 50.000,00
Feststellung (Streitwert S 30.000,00)
Gesamtstreitwert S 370.000,00 s.A.)
KLAGE
Die beklagte Partei ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift „Neue Kronenzeitung“, die als Tageszeitung bundesweit, mit bundesländerweise verschiedenen Lokalteilen erscheint. Die beklagte Partei hat ihren firmenbuchmäßigen Sitz in Wien.
Beweis: offenes Firmenbuch
In der Ausgabe der „Neuen Kronenzeitung“ vom 24.9.1995 erschien auf Seite 6 ein Artikel zum mittlerweile über die Grenzen Österreichs hinaus bekannten Fall des sechsjährigen, an Krebs erkrankten Kindes Olivia Pilhar.
Der Artikel trägt die Überschrift „Olivias Vater bedrohte Arzt vor der Operation“ und enthält im Text eine Reihe tatsachenwidriger Mitteilungen, welche völlig unbegründete und unqualifizierte Vorwürfe gegen den Kläger, den Vater der Olivia Pilhar, an die Leserschaft und damit an die Öffentlichkeit transportieren.
Der gegenständliche Bericht vermittelt dem Leser, daß der Kläger vor jener am 18.9.1995 durchgeführten Operation zur Entfernung des Tumors den zuständigen Chirurgen am Telefon bedroht und Telefonterror ausgeübt habe. Diese Vorwürfe erfüllen den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 StGB sowie der Ehrenbeleidigung nach § 1330 Abs 1 ABGB und stellen überdies eine Beeinträchtigung des Rufes des Klägers im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB dar, durch die dessen Kredit, Erwerb und Fortkommen gefährdet erscheint.
Der klagsgegenständliche Zeitungsartikel ist im Zusammenhang mit dem gleichzeitig veröffentlichten Bild des Klägers zu beurteilen, welches direkt in den Textumbruch eingearbeitet ist. Unterhalb des eindeutig das Portrait des Klägers wiedergebenden Lichtbildes steht auch dessen Namen, so daß für den Leser die Zuordnung und der Zusammenhang mit dem ehrenbeleidigenden und herabsetzenden Artikel eindeutig und zweifelsfrei hergestellt wird.
Beweis: in zweifacher Ablichtung angeschlossener Zeitungsartikel
Der dargestellte Zeitungsartikel erschien am 24.9.1995 im gesamten Bundesgebiet. Die Ausgabe für das Bundesland Wien enthielt darüber hinaus jedoch auch auf der Titelseite eine entsprechende Schlagzeile „Olivias Vater bedrohte Arzt“ mit angeschlossener kurzer Ankündigung des bezughabenden Artikels im Lokalteil, in der die verfahrensgegenständlichen ehrenbeleidigenden, herabsetzenden und rechtswidrigen Vorwürfe gegenüber dem Kläger bereits vorweggenommen werden.
Beweis: zweifach beiliegende Titelseite der Ausgabe für Wien der „Neuen Kronenzeitung“ vom 24.9.1995
Der gesamt Text samt Überschrift der Beilagen wird zum Klagsvorbringen erklärt.
Sollte sich die beklagte Partei zu ihrer Rechtfertigung darauf berufen wollen, daß lediglich Äußerungen und Behauptungen dritter Personen wiedergegeben werden, so wird darauf hingewiesen, daß unter einer Verbreitung im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB nicht nur das Äußern eigener Überzeugungen und Wahrnehmungen, sondern auch das Weitergeben von Behauptungen dritter Personen zu verstehen ist. Dazu kommt im vorliegenden Fall jedoch noch hinzu, daß die beklagte Partei bei der Gestaltung des gegenständlichen Artikels offensichtlich jede journalistische Sorgfalt außer Acht gelassen hat, da jegliche Rückfrage seitens des Verfassers des Artikels beim Kläger unterblieben ist, sodaß sich die beklagte Partei die nachteiligen Folgen ihrer einseitigen Informationsbeschaffung in jedem Falle selbst zuzuschreiben hat.
Darüber hinaus ist durch die Formulierung des Textes eindeutig klar, daß sich die beklagte Partei ohnehin selbst mit den an den Kläger gerichteten Vorwürfe identifiziert und nicht bloß allfällige Informanten zitiert werden.
Die klagende Partei ist an sich nicht gehalten, ein Vorbringen zur Unwahrheit der vom Klagebegehren umfaßten Behauptungen zu erstatten, da diesbezüglich die beklagte Partei die volle Behauptungs- und Beweislast für deren Wahrheit trifft. Der Kläger stellt aber dennoch fest, daß die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auf unrichtige Tatsachenannahmen beruhen und daher jeder Grundlage entbehren.
Beweis: PV, weitere Beweise vorbehalten
Aus dem dargelegten Sachverhalt ergeben sich daher Unterlassungsansprüche nach § 1330 Abs 1, Unterlassungs- und Widerrufsansprüche aus § 1330 Abs 2 ABGB sowie Schadenersatzansprüche aus den genannten Gesetzesstellen. Da es sich hiebei um künftige Schäden handelt, die der Höhe nach noch nicht bekannt sind, besteht ein rechtliches Interesse an der Feststellung der grundsätzlichen Haftung der beklagten Partei.
Daneben besteht der Anspruch auf Unterlassung der Bildnisveröffentlichung gemäß § 78 Urheberrechtsgesetz, auf Urteilsveröffentlichung gemäß § 85 Urheberrechtsgesetz und Schadenersatz nach § 87 Urheberrechtsgesetz.
Bei Bemessung des Schadenersatzanspruches wird das Gericht die Schwere der Beeinträchtigung der Interessen des Klägers durch die mit dem herabsetzenden und verunglimpfenden Artikel im Zusammenhang stehende Bildnisveröffentlichung zu berücksichtigen haben, welche besonders dadurch zum Ausdruck kommt, daß die Gestaltung und Formulierung des Artikels gerade darauf abzielt, die Vorwürfe gegen den Kläger möglichst drastisch und nachdrücklich an die Öffentlichkeit zu bringen, so daß hiefür ein Entschädigungsbetrag von mindestens S 50.000,00 angemessen erscheint.
Zur Wiederholungsgefahr wird auf die einhellige Rechtsprechung verwiesen, wonach diese bereits bei einem einmaligen Verstoß anzunehmen ist. Dazu kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß Printmedien zu Themen, die ihnen interessant erscheinen und die Neugier des Leserschaft hervorrufen, gleichartige Publikationen auch wiederholt vornehmen oder auf geschehene Mitteilungen zurückkommen. Bezogen auf den gegenständlichen Fall wird als gerichtsbekannt vorausgesetzt, daß sich das Medieninteresse gerade in den letzten Tagen und Wochen wieder deutlich verstärkt hat, was im Bedarfsfall in ausreichendem Maße nachgewiesen werden kann.
Insgesamt begehrt der Kläger das
URTEIL:
- Die beklagte Partei ist schuldig, die Behauptung, der Kläger habe den Chirurgen Prof. Dr. Ernst Horcherbedroht und diesem gegenüber Telefonterror ausgeübt, sowie sinngleiche Äußerungen bei sonstiger Exekution zu unterlassen.
- Die beklagte Partei ist bei Exekution schuldig, die Behauptung, der Kläger habe den Chirurgen Prof. Dr. Ernst Horcherbedroht oder diesem gegenüber Telefonterror ausgeübt, gegenüber den Lesern der „Neuen Kronenzeitung“ binnen 14 Tagen durch Veröffentlichung einer Widerrufserklärung in einer Weise, die den gleichen Veröffentlichungswert wie der Artikel „Olivias Vater bedrohte Arzt vor der Operation“ vom 24.9.1995 aufweist, öffentlich als unwahr zu widerrufen.
- Der beklagten Partei gegenüber wird festgestellt, daß sie die volle Haftung für alle Schäden, die dem Kläger durch die Verbreitung der Behauptung, der Kläger habe den Chirurgen Prof. Dr. Ernst Horcherbedroht und diesem gegenüber Telefonterror ausgeübt, allenfalls entstehen, trifft.
- Die beklagte Partei ist schuldig, die Veröffentlichung des in der Ausgabe vom 24.9.1995 der „Neuen Kronenzeitung“ abgedruckten Bildnisses des Klägers hinkünftig zu unterlassen.
- Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 50.000,00 samt 4% Zinsen seit Klagseinbringung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
- Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die Kosten dieses Rechtsstreites zu Handen des Klagevertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Ein Veröffentlichungsantrag nach § 85 Abs 2 UrhG bleibt ausdrücklich vorbehalten.
Ing. Helmut Pilhar