Medienprozeß Pilhar ./. Die Neue Kronen Zeitung wegen „übler Nachrede“


RECHTSANWÄLTE

An das
Landesgericht für Strafsachen Wien
Landesgerichtsstraße 11
1080 Wien

7.2.1996

Antragsteller:

Ing. Helmut Pilhar, Computertechniker
Maiersdorf 221, 2724 Hohe Wand

Vertreten durch:

Rechtsanwalt
Vollmacht erteilt

Antragsgegnerin:

KRONE-Verlag GmbH & CO KG
Muthgasse 2, 1190 Wien

Wegen: § 111 StGB in Verbindung mit §§ 6, 8a, 33, 34 und 37 MedienG

ANTRAG

auf Durchführung des selbständigen Verfahrens
auf Einziehung und Urteilsveröffentlichung
auf Zuerkennung eines Entschädigungsbetrages
auf Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß § 37 MedienG

Die Antragsgegnerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift „Neue Kronenzeitung“ die als Tageszeitung bundesweit, mit bundesländerweise verschiedenen Lokalteilen erscheint. Der Verlagsort für alle, auch die Bundesländerausgaben, ist Wien.

In der Ausgabe „Neue Kronenzeitung“ vom 24.9.1995 erschien auf Seite 6 ein Artikel zum mittlerweile bereits über die Grenzen Österreichs hinaus bekannten Fall des sechsjährigen, an Krebs erkrankten Kindes Olivia Pilhar.

Der Artikel trägt die Überschrift „Olivias Vater bedrohte Arzt vor der Operation“ und enthält im Text eine Reihe tatsachenwidriger Mitteilungen und aus diesem Grunde unbegründeter Vorwürfe gegenüber dem Antragsteller, dem Vater der Olivia Pilhar.

Der gegenständliche Bericht vermittelt dem Leser, daß der Antragsteller vor jener am 18.9.1995 durchgeführten Operation, die die Tumorentfernung zum Gegenstand hatte, den zuständigen Chirurgen am Telefon bedrohte und Telefonterror ausübte.

Für die Bemessung des Entschädigungsbetrages nach § 6 MedienG ist weiters bedeutsam, daß in der im Bundesland Wien erschienen Ausgabe auch auf der Titelseite ein schlagzeilenartig gestalteter Hinweis auf den Artikel abgedruckt ist, der die inkriminierten Vorwürfe mit den Worten „… terrorisierte Olivias Vater den Arzt in der Nacht vor der lebensrettenden Operation.“ vorwegnimmt.

Beweis: beiliegend vorgelegte Ausgabe die „Neue Kronenzeitung“ vom 24.9.1995

Die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe entbehren jeder Grundlage und erfüllen den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111StGB.

Der Antragsteller hat den Chirurgen Prof. Dr. Ernst Horcher niemals am Telefon bedroht und auch keine Äußerungen getätigt, welche von diesem als Bedrohung hätten aufgefaßt werden können. Der Antragsteller hat auch keinerlei Aktivitäten gesetzt, die als „Telefonterror“ bezeichnet werden könnten.

Tatsächlich hat der Antragsteller lediglich versucht, seine Bedenken gegen die Durchführung der Operation zu deponieren und hat in diesem Zusammenhang Fragen an den Chirurgen gerichtet. Die Fragen betrafen den aktuellen Status der Patientin insbesondere im Hinblick auf eine zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise akute Infektion sowie Fragen hinsichtlich der Möglichkeit einer organerhaltenden Operation:

Beweis: Einvernahme des Antragstellers, Einvernahme des Zeugen Prof. Dr. Ernst Horcher, vorzulegender Aktenvermerk vom 17.9.1995

Der Antragsteller beantragt nicht die strafrechtliche Verfolgung des Verfassers des inkriminierten Zeitungsartikels, dessen Ausforschung im Hinblick auf das Redaktionsgeheimnis ohnehin aussichtslos erscheint.

Vielmehr beantragt der Antragsteller aber das umseitige

URTEIL:

Es wird festgestellt, daß der Antragsteller Ing. Helmut Pilhar durch den Inhalt des in der Ausgabe vom 24.9.1995 auf Seite 6 der „Neuen Kronenzeitung“ mit der Überschrift „Olivias Vater bedrohte Arzt vor der Operation“ erschienen Artikels, somit durch die Behauptung, der Antragsteller habe den Chirurgen Prof. Dr. Ernst Horcher bedroht und diesem gegenüber Telefonterror ausgeübt, eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt wurde, das geeignet ist, den Antragsteller in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und ihn herabzusetzen, womit der Tatbestand des Vergehens der üblen Nachrede gemäß § 111 Abs. 1 in der Qualifikation des § 111 Abs. 2 StGB hergestellt wurde.

Gemäß § 33 Abs. 2 MedienG wird auf Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke der Ausgabe der „Neuen Kronenzeitung“ vom 24.9.1995 erkannt.

Der Medieninhaber KRONE-Verlag GmbH & CO KG ist schuldig, dem Antragsteller einen Entschädigungsbetrag für erlittene Kränkung zu bezahlen, dessen Bemessung dem Gericht vorbehalten bleibt.

Gemäß § 34 Abs. 3 MedienG wird auf die Veröffentlichung des Urteils binnen der nächstfolgenden fünf Werktagen in der Form des § 13 MedienG erkannt.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Darüber hinaus stellt der Antragsteller folgende

ANTRÄGE:

Das Gericht möge bundesweite Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß § 37 MedienG in der „Neuen Kronenzeitung“ anordnen.

Das Gericht möge eine Hauptverhandlung vor dem Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien anberaumen, die Ladung der Antragsgegnerin anordnen, die beantragten Beweise aufnehmen und die Verlesung und Darstellung des inkriminierten Artikels vornehmen.

Ing. Helmut Pilhar

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