Es schreibt ein Ehemann …

Eine Frau mit heftigen und wilden Fähigkeiten kreuzte meinen Weg vor vielen Jahren. Mit jungem Mut und männlicher Liebessehnsucht ließ ich mich trotz der spürbaren weiblichen Gefahren schnell auf das gemeinsame Abenteuer und dazugehörige Kinder ein. Aufgrund meines Brutschutzinstinktes ließ ich meine Frau, wie sonst nur die Kinder (die gesunde Zähne entwickelten), lange in ihrer scharfen Art mit Biss gewähren; irgendwie lernte ich eben auch das Raubtier in ihr zu lieben. So konnte sich bei ihr so etwas wie ein Gewohnheitsrecht zu (Zähne-) Fletscherei und verbaler Bissigkeit mir gegenüber entwickeln.

Die Kinder, meine Frau und ich wurden älter. Trotz aller Liebe, so stand mir dann der Sinn zunehmend nach kultivierterer Ausgewogenheit in der Paarbeziehung. Indem ich übte, mich zu emanzipieren, also wie „Emanzen“ eine verbal bedrohliche Bissigkeit und Mimik an den Tag zu legen begann, entwickelten sich bei meiner Frau Migräneanfälle; ihre jahrelang geübte des Art der Bissigkeit (bei Tieren im Rudel ist das Sich-Hochbeißen ganz natürlich) war eingeschränkt worden und nicht mehr im gewünschten Sinn erfolgreich.

Es kam zur psychodramatischen Steigerung, als unsere Kinder über Pfingsten in Sprachferien geschickt worden waren. Eine weite, für mich lästige Fahrt, mit großen Anstrengungen meiner Frau zuliebe, war angesagt. Diese Fahrt war auch für meine Frau lästig, aber sie fühlte sich verpflichtet. Zur Schonung unserer Nerven und Kräfte, bedingte ich mir vor einer Zeugin aus, dass für die Dauer meiner Reiseleistung meine Frau mich in der Kapitänsfunktion zu respektieren habe; das war etwas, was ich vorher noch nie verlangt hatte. Es kam aber leider wie befürchtet schon auf der Hinfahrt zur Auseinandersetzung (aus der Sicht eines Kapitäns Meuterei), der ich mich hart abgrenzend widersetzte und den Kurs bestimmte; die Wogen der Migräne meiner Frau konnten in Versöhnung einigermaßen geglättet werden. Doch schon früh auf der langen Rückfahrt wurde meine Frau wieder vorwurfsvoll (aus meiner Sicht biss sie für ihr Herkunftsrudel) mir gegenüber, so dass ich am Autobahnrastplatz zur ernsten und längeren Klärung stoppte; zum ganzen Stress war ich nicht bereit als Fahrer mich noch „mit Worten beißen“ zu lassen. Wir konnten, nachdem ich zur gemeinsamen Weiterfahrt mir die Alphaposition ohne wenn und aber errungen hatte, wieder den Weg aufnehmen. Es war eine gespannte Ruhe. Aber in dieser erzwungenen Lösung entwickelte meine Frau ihre bisher heftigste Migräne; Liegen mit abgedunkeltem Kopf, Wasser über den Kopf und hastiger Kauf und Konsum von Schwarztee (aus GNM-Sicht: um durch das darin sympathicoton wirkende Koffein die Heil- bzw. Krisenphase in die Länge zu ziehen und zu mildern) halfen nicht mehr. An einer Tankstelle an der Autobahn erbat sie Medikation. Eine Tablette bekam sie nicht. Stattdessen wurde ohne ihre Einwilligung der Notdienst gerufen, der meine Frau in eine Klinik mitnahm …

Nach diesem dramatischen Geschehen und langen Überlegungen stellte ich meine Emanzipation ein und wurde sehr dienstbereit nach der Devise „ich liebe den Frieden und meine Frau, auch wenn beide nicht immer zusammen passen“. Meiner Frau ging es dadurch wieder besser; aber nach einigen Monaten stellte sie in ihrer Rücksicht (aus meiner Sicht im Übermut) mein nettes Ehe-Programm in Frage, so dass wir überein kamen, dass ich Maß an ihrem Stil nehmen werde. Dieser Stil war in exzessiver Emanzipation allerdings nicht lange durchzuhalten; ich fühlte mich nicht mehr auf einem positiv beseelten Pfade und meiner Frau ging es wieder schlechter. Es begann für sie wieder eine härtere und migränereiche Zeit.

Ich versuchte zu verstehen und zu erklären in dem Sinne: Wer versucht mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, braucht nicht über die resultierenden Kopfschmerzen sich zu wundern. In der GNM wurde ich nicht so schnell wie gewünscht fündig. Dass Migräne bei der Lösung eines Frontalangstkonfliktes durch das Ödem im vorderen oberen Kopfbereich auftritt, hörte sich theoretisch interessant an, aber es zündete nicht als eine voll aufschlussreiche Erkenntnis. Meine Frau stellte sich nämlich mutig und ohne Angst vielen Herausforderungen.

Erst als bei einem Studienkreis im Juni 2009 Helmut Pilhar erklärte, dass die migräneauslösende Schwellung in diesem Kopfbereich auch bei der Lösung eines Beißkonfliktes auftreten kann, da machte es voller Entdeckerfreude Klick bei mir.

Wenn meine Frau trotz all ihrer Kampfeslust in der verbalbissigen Art hart abgewehrt wird, dann ist sie im Zahnschmelzrelais konfliktaktiv; das heißt wiederum: beim zum aktiven Konflikt gehörigen Zwangsdenken, wo sich alles um die gelebt werden wollende Beißlust mit Worten dreht, kann ich nicht erwarten, dass sie eine logische Argumentation von mir annehmen kann; sie müsste sich sonst ja wieder runtergebissen vorkommen. Oder wenn ich stabil wie eine Wand die Beißlust meiner Frau im langen Problemgespräch souverän abwehre, dann baut sich bei ihr um so mehr Konfliktmasse auf und die anschließende Lösungsphase mit Migräne ist um so heftiger und länger. Wie also gut streiten und Leid sich ersparen?

In der Überlieferung ist Sokrates für sein zänkisches Weib und seine stoische Gelassenheit bekannt. Ich hatte auch schon die Erfahrung gemacht, dass wenn ich trotz bissiger Angriffe ruhig bleiben kann, dann dauert die Auseinandersetzung nicht so lange (die Beißlust scheint im Widerstand des Opfers gestärkt zu werden; abgesehen davon: wenn man mitstreitet gibt ein Wort das andere und es kommt leicht zur Eskalation) und ich kann mir eher die Migräne meiner Frau ersparen. Aber wo bleibt der Mann; Sokrates (ein Meister des zu Erkenntnis führenden Dialogs) ging viel weg, um auf dem Markt mit den anderen sich zu unterhalten, zuhause war vielleicht mit Logik bei seiner bissigen Frau nicht viel auszurichten.

Der Markt, Cafés und Kneipen sind nicht jedermanns Sache. Man kann in körperlicher Arbeit und Sport Spannung abreagieren. Humor ist auch gut: z.B. kann man gegenüber dem migränegeplagten Partner sich selbst als schlimm, schuldig oder noch zu wenig liebevoll eingeübt bezeichnen (in der Verhaltensforschung entspricht dies bei Tieren Demuts- bzw. Unterwerfungsgesten); wenn es ehrlich gemeint ist, dann kann die Beziehung zwischen Menschen so weiter entwickelt werden. Es kann helfen, denn das Ziel des Zähnefletschens und Beißens auf menschlichem Niveau ist es ein Bedürfnis respektieren zu lassen und zu einem Kompromiss zu kommen (im Rudel dient es dazu sich in der Rangordnung nach zu bringen).

Allerdings bin ich der Auffassung, dass die migränegeplagten Menschen auch an sich selbst arbeiten sollten. Bei der angeborenen bzw. entwicklungsbedingten Migränebereitschaft kommt es durch bestimmte Auslöser (Aggressivität, Wut und Zorn, die nicht voll auslebbar sind; Beißhemmung) zur Überschreitung der „Migräneschwelle“; die resultierende Störung der Hirnaktivität (= Konfliktaktivität) führt zu einer Störung der Aktivität der Blutgefäße (diese werden speziell in der Konfliktlösung durch die Schwellung des Hirnherdes eingeengt) und oft zu einer Aura (verändertes Erleben vor dem Anfall) und einer Störung im Brechzentrum. Der eigentliche Migräneanfall mit den außer Gefecht setzenden Schmerzen und Empfindungen soll wohl von der Natur her zeigen, dass man sich nicht an zu harten Herausforderungen verbeißen soll.

Damit man nicht immer wieder in die Falle tappt, empfiehlt es sich mit Hilfe eines Tagebuchs die Auslöser für Migräne zu identifizieren. Dann kann man z.B. für den Ausdruck bzw. für die Lösung seiner aggressiven Gefühle zwischenmenschlich passenderen Umgang suchen und finden. Es können auch die Schienen (z.B. Nahrungsmittel die Migräne als konditionierten Reflex auslösen) erkannt und gemieden werden. Alkohol ist dabei oft ein Auslösungsfaktor, denn wenn er die frontalhirngesteuerte Vernunftsfunktion reduziert, dann können manche sich schlechter beherrschen und schießen im Gefühlsschwall aggressiv bissig über das zwischenmenschlich passende Maß hinaus; damit ist das „Abbeißen“ herausgefordert

Schmerzmittel zur Betäubung sind gefährlich; unter anderem kann man durch sie leicht seine Sensibilität und Kreativität zur Lösung der zugrunde liegenden Probleme vergessen. Manche Menschen sind besonders berufen, sich Pausen zu gönnen und das Leben leichter zu nehmen, statt Migräne zu entwickeln.

Koffeinhaltige Mittel zur Dämpfung bzw. Verlängerung der vagotonen Phase sind da harmloser; es besteht aber die Gefahr der Gewöhnung und Dosissteigerung, was auf Dauer auch schädliche Wirkungen haben kann.


Anmerkung von H. Pilhar

Die Migräne ist die Krise der frontalen Cortex-Hirnrelais (Frontalangst, Ohnmächtigkeit, Beißkonflikt).

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