Es schreibt ein Tierhalter …

In der Blüte deines Lebens von nicht mal einem Jahr hast du uns verlassen. Dein prächtiges Federkleid und vor allem Gundel waren dein ganzer Stolz. Jedes Leckerli hast du zuerst Gundel überlassen bis sie satt war, um ihr tägliches Ei zu legen. Die Amseln hast du verscheucht, damit sie Gundel keine Regenwürmer wegschnappten. Keinen Meter bist du von Gundel abgewichen. Tag und Nacht hast du sie auf Schritt und Tritt begleitet. Selbst beim Dösen hast du immer ein Auge offen gehalten um vor Feinden aus der Luft zu warnen.

Dass du die Zwiebeln tollpatschig niedergetrampelt und die Kartoffelbeete im Hürdenlauf flachgetreten hast, das sei dir verziehen.

Als im Frühjahr die Jalousien der Kellerfenster nichtsahnend geöffnet wurden, um die Räume zu lüften, da begann dein Leidensweg und das Interesse für Gundel rückte scheinbar in den Hintergrund.

Unermüdlich bist du um die Ecke des Hauses hin und her gerannt, um in den ebenerdigen Fensterscheiben dein Spiegelbild zu bekämpfen. Tagelang hast du mit dem Schnabel gegen die Scheiben geklopft um deine „Konkurrenten“ zu attackieren. Nachdem dies nichts geholfen hat, bist du todesmutig in Kamikazeflügen gegen die Scheiben gedonnert.

Als sich nach ca. zwei Wochen die Jalousien wieder senkten, war der Streß für dich zu ende. Alle drei Konkurrenten waren verschwunden und Gundel konnte sich deiner wieder erfreuen und hast gefressen wie ein Scheunendrescher. Der geschrotete Mais wirkte scheinbar ganz besonders.

Aber dein kleines Entenherz hatte zuviel Konfliktmasse angehäuft. Ein paar Tage danach kam es wie es kommen musste. Die 5 biologischen Naturgesetze nahmen ihren Lauf.

Auf dem Höhepunkt der Liebe bist du im Gartenteich umgekippt ohne zu leiden.
Vermissen werde ich dein „mäk, mäk, mäk, mäk, määäääk; mäk, mäk, mäk, mäk, määäääk…“

A.H.


Anmerkung von H. Pilhar

Armer Erpel 😉 Eine süß-traurige Geschichte.

Man sieht daran, wie individuell Konflikte sind. Jeder hat seine eigene Realität! Und für diesen Erpel war sein eigenes Spiegelbild der reale Konkurrent bzw. waren es die Konkurrenten, den bzw. die es zu bekämpfen galt. Wir Menschen mögen darüber lachen oder ungläubig den Kopf schütteln. Für den Erpel war das konfliktiv.

Auch meine junge Hündin Emma sah über lange Zeit in ihrem eigenen Spiegelbild einen Kameraden, welchen sie zum Spielen minutenlang herausforderte. Heute, mit ihren 10 Monaten, verbellt sie im ersten Moment ihr eigenes, plötzlich auftauchende Spiegelbild im Schaufenster. Es sträuben sich dabei auch ihre Nackenhaare …

Und man sieht auch schön an diesem Fallbeispiel mit dem Erpel, wie Konflikte gelöst werden können. Nämlich oft rein zufällig!

Zum Glück trug sich diese Geschichte nach der „Vogelgrippe“ zu. Nicht auszudenken was passiert wäre, hätte es sich vor einem Jahr zugetragen. Leicht wäre es möglich gewesen, dass der Seuchenschutz angerückt wäre mit einer LKW-Ladung voll von mit Schutzanzügen vermummter Männer. Mit Sicherheit hätte auch die Entenfrau dann notgeschlachtet werden müssen und vielleicht wäre dann unser Entenbesitzer in seinen eigenen Konflikt gestolpert …

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