Christoph Prantner
Und er tat es doch: Vittorio Emanuele Savoia (oder di Savoia, wie er sich zu nennen pflegt) verzichtete schriftlich auf seinen Thronanspruch und schwor auf die Verfassung der Republik Italien. Eines Staates, den der 65-Jährige noch vor zwei Jahren aus seinem Genfer Exil „repubblichetta“ geschimpft hatte. Nun haben es die Politiker des „Republikchens“ in der Hand, die männlichen Nachkommen des Hauses Savoyen aus dem Zwangsexil zurück nach Italien zu lassen.
Nur neun Jahre lebte der 1937 in Neapel geborene Vitorio Emanuele im Königreich seiner Vorfahren. Sein Vater Umberto II. musste im Juni 1946 abdanken und auswandern. Die Savoyer hatten nach jahrzehntelanger Anbiederung an das faschistische Regime zu viel Kredit verspielt. Dass sie Italien geeint hatten (Schlachtruf: Avanti Savoia!), half nichts, die Italiener entschieden sich bei einem Referendum mehrheitlich gegen die Monarchie.
Umberto emigrierte nach Portugal, Vittorio Emanuele mit seiner Mutter und drei Schwestern an den Genfer See. Die typische Karriere für hochmögende, aber bestimmungslose Thronprätendenten schien zu folgen: Banker, Playboy, Boulevardpresse.
1971 heiratete Vittorio Emanuele in Teheran Marina Ricolfi Doria, eine ehemalige Wasserski-Weltmeisterin und Tochter eines millionenschweren Schweizer Keksfabrikanten. Das Paar hat einen Sohn, Emanuele Filiberto.
Für das Recht auf Exklusivberichterstattung soll der Hochzeiter damals einer Mailänder Wochenzeitung umgerechnet 250.000 Euro abgenommen haben. Diesen Geschäftssinn behielt der soignierte Savoyer seither in unzähligen undurchsichtigen Aktionen bei: Schah Reza Pahlewi etwa hofierte seine Schwester Gabriella, er indes verkaufte dem Perser Agusta-Hubschrauber im Dutzend.
In einen Schlagzeilensturm geriet der Waffennarr und Segler 1978, als er bei einem Korsika-Urlaub versehentlich einen deutschen Touristen (den Sohn des „Krebsheilers“ Geerd Ryke Hamer) erschoss. Jahre später wurde er dafür zu sechs Monate bedingter Haft wegen illegalen Waffenbesitz verurteilt. Gänzlich unbehelligt blieb Vittorio Emanuele, als sein Name Anfang der 80er-Jahre in der Mitgliederliste der subversiven Geheimloge P2 auftauchte.
Zehn Jahre später fiel ihm zu den von seinem Großvater Vittorio Emanuele III. mitunterzeichneten Rassengesetzen Benito Mussolinis nur ein: „Nein, nein, so schrecklich sind die gar nicht.“ Nobelpreisträger Dario Fo nannte ihn dafür einen „Tölpel und Einfaltspinsel“ – allein: Ein Rückkehrverbot für Vittorio Emanuele unterstützt der Mailänder Dramatiker dennoch nicht. Denn: „Von solchen Leuten gibt es in Italien derartig viele, dass auch er das Recht hat, hier zu sein.“