Erika erklärte, dass wir heute zum Psychologen Prof. Friedrich müssten. Sicherheitshalber überredete ich Dr. Langer, bei diesem Treffen dabei zu sein.

Gespräch, anwesend:

Prof. Friedrich, Frau Dr. Fuiko, Dr. Langer, Erika und ich:

Prof. Friedrich klärte uns auf, welche möglichen Vorwürfe gegen uns erhoben werden könnten: Vernachlässigung, Quälen von Unmündigen.

Daher: Sachverständigengutachten über Kindeswohl aus körperlicher, intellektueller, emotionaler und sozialer Sicht.

Frage: Sind Eltern gesund, irregeleitet, zurechnungsfähig? Liegt akute Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung vor?

Es war nur ein informatives Gespräch. Doktor Langer vertrat die Ansicht, dass uns Prof. Friedrich nur helfen, auf keinen Fall aber schaden möchte.

Olivia:

Ich durfte wieder zu ihr. Erika erzählte mir, dass Olivia bereits wacher sei als am Vortag und bereits versuchte, ihre Augen zu öffnen. Am Monitor konnte man anhand des Herzschlages erkennen, dass Olivia trotz ihres künstlichen Schlafes unsere Anwesenheit mitbekam. Ich war außer mir vor Freude und streichelte sie sanft. Plötzlich ereigneten sich mehrere Begebenheiten auf einmal. Olivia reagierte plötzlich mit Händen und Füßen und versuchte, auch ihre Augen aufzubekommen.

Der Leiter der Station bekam das mit und drängte sich zwischen mich und Olivias Bett und redete auf mich ein, sie nicht zu sehr aufzuregen. Ein Summen im Kopf stellte sich bei mir ein, meine visuelle Wahrnehmung wurde dunkler und dunkler. Es wurde mir schlecht, und ich wandte mich vom Krankenbett ab. Ich rang mit meinem Bewusstsein, es nicht zu verlieren und erreichte noch mit knapper Not einen Betonpfeiler, an dem ich mich festhalten konnte. Ich hielt die Augen geschlossen und bemerkte, wie meine Knie zu zittern begannen. Ich drohte umzufallen. Viele Stimmen um mich herum hielten mich von der Ohnmacht zurück.

Endlich drückte mich jemand auf einen Sessel und von vorne wurde auf mich eingeredet. Ich vermutete zuerst, dies sei eine Schwester, bis ich Erika erkennen konnte. Ich hatte einen Kreislaufzusammenbruch. Ich war ohnmächtig geworden.

Ohnmacht, – ohne Macht, Olivia helfen zu können.

Man führte mich in ein Zimmer, und ich konnte mich niederlegen. Langsam trafen mehrere Ärzte ein.

Ärztegespräch mit Dr. Fürst, Frau Dr. Slavc, Prof. Pötter, Frau Dr. Fuiko, Erika und mir:

Prof. Pötter, Chef der Strahlentherapie, erklärte, dass durch intensive Bestrahlung Olivias Tumor nun auf die gleiche Größe wie vom Mittwoch, 26.Juli (Tulln) reduziert werden konnte. In ein paar Tagen könnte man dann diese Therapie absetzen, da erwartet werde, dass die eingeleitete Chemotherapie dann ihre Wirkung entfaltet haben würde. Bestrahlt wurde derart, dass Olivias Eierstöcke und die linke Niere angeblich nicht belastet wurden. In ca. 4-8 Wochen könnte Olivia operiert werden. Auf den jetzigen CTs wurden auf der Leber kleinere Löcher und auf der Lunge 2-3 größere Flecken festgestellt. Olivia hatte Metastasen. Prof. Pötter meinte auch, dass bereits auf den CTs von Tulln vom 26.7. an der Leber Metastasen erkennbar waren. Die Chemotherapie werde nach der Operation auf alle Fälle fortgesetzt.

Mein Kopf war noch benommen, aber ich erkannte sofort ungeheuerliche Widersprüche. Wortlos konzentrierte ich mich auf die gesprochenen Sätze.

Als ich bei Olivias Zimmer vorüberging, sah ich sie völlig ruhig daliegen. Man hatte die Dosis des Schlafmittels erhöht. Doktor Fürst erklärte, dass mit diesem Mittel das Bewusstsein wie über einen Lautstärkeregler gesteuert werden könne. Olivia erhielt Bluttransfusionen.

Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft:

Am 27.7.95 hätte ich der Chemotherapie zugestimmt, meine Zustimmung jedoch bereits am Nachmittag widerrufen.

Daraufhin hatte die BH neuerlich das Pflegschaftsgericht eingeschaltet. Am 28.7.95 rief daraufhin Richter Masizek in Tulln vier namhafte medizinische Sachverständige zu Rate, und es wurde die Beibehaltung des ursprünglichen Beschlusses, Olivia in das AKH zur Therapie zu verlegen, vorgeschlagen. Diesem Vorschlag kam die BH unmittelbar auch nach. Am Samstag, den 29.7.95 um 8:30 Uhr sollte die Überstellung erfolgen, die Mutter weigerte sich aber mitzukommen, besucht ihre Tochter nun aber seit Samstag Nachmittag regelmäßig und wird über sämtliche Details informiert.

Mir wurde bereits Freitag 28.7.95 gegen 24:00 Uhr Besuchsverbot erteilt, da ich mit Aktionen gedroht hätte. Am 3.8.95 hatte ich aber erstmals meine Tochter besuchen dürfen. Der Besuch war ruhig verlaufen, laut BH.

Liste mit allen Tagebucheinträge, chronologisch sortiert, aufrufen

Olivas tagebuch als PDF-Datei

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